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Schwimmkurs mit Kindern – ein Dramolett in 5 Akten

Prolog:

Eine Mail vom DLRG Ortsverein trifft ein. Sie besagt, dass sowohl für den Sohn (7) als auch für die Jüngste (5) endlich ein Platz im Anfängerschwimmen frei sei. Ein Glücksfall nach nur 6 Monaten Wartezeit und das Schwimmbad ist durch einen 5-minütigen Fußmarsch zu erreichen. Perfekt.

Gut, für die Anmeldung muss Mama Finke persönlich zwischen 17 und 19 Uhr mit Bargeld bei der DLRG-Hauptstelle erscheinen, ausgerechnet am Geburtstag der Jüngsten. Aber auch das funktioniert erstaunlich reibungslos, ohne lange Wartezeit, und wird erledigt. Der Kurs der Jüngsten wird 12 Mal samstags um 10 Uhr stattfinden, der des Sohns gleich danach um 10:45. Schon zwei Tage später soll der Schwimmkurs beginnen. Wie aufregend!

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1. Akt, Samstagmorgen 9 Uhr, zuhause

Mama Finke legt dem Sohn die neue Badehose raus. Die Jüngste ist schon ganz hibbelig.

Mama: Wollt Ihr euch hier oder im Schwimmbad umziehen?

Jüngste: Oh, ich zieh den Badeanzug gleich an! Aber welchen? (Kramt tief in der Schwimmsachenkiste)

Sohn: Ich geh da nicht hin. Ich hab keine Lust. (Schmollgesicht, grimmiger Blick)

Mama: Also Sohn, ich hab dich extra gefragt, ob du wirklich in den Schwimmkurs willst. Und du hast `Ja´ gesagt. Dieser Kurs kostet 90 Euro, und die neue Badehose hat 15 Euro gekostet. Und außerdem geht Ihr nächsten Monat mit der Schule schwimmen und du wolltest unbedingt vorher den Schwimmkurs machen. Keine weitere Diskussion. Wir gehen da hin.

Sohn: Nö. Ich geh da nicht hin. Auf gar keinen Fall.

Jüngste: Mama, wann können wir endlich los?

Mama (genervt): Sohn, wenn du nicht mitgehst, bin ich stinkesauer. Und wenn ich das ganze Geld umsonst ausgegeben habe, dann bekommst du von mir nichts zum Geburtstag. Und das Geld von der Oma muss ich dann auch nehmen.

Sohn: Pah, mir doch egal. Ich krieg ja noch Geschenke von meinen Freunden und von Papa.

Mama (verzweifelt): Wir gehen da jetzt hin. Sonst darfst du eine Woche keinen Besuch von Freunden haben.

Sohn: Na guuuut. (Zieht wütend die Schuhe an)

2. Akt, 10 Uhr, im Schwimmbad

Schwimmlehrerin (freundlich): So, jetzt kommen bitte alle Kinder mit in die Dusche – die Eltern bleiben draußen, wir zeigen euch jetzt das Schwimmbad.

Jüngste: Mama! Du sollst mit! Mama!

Mama: Jüngste, du hast doch gehört, was die Frau gesagt hat. Die Eltern bleiben hier. Guck mal, hier sind so viele nette Mädchen! Und du möchtest doch schwimmen lernen, oder?

Jüngste: Ja, aber…. (klammert sich am Bein der Mutter fest und versteckt sich hinter ihr)

Mama Finke fällt ein, dass es über Monate täglich ein Riesentheater gab, wenn die Jüngste morgens in den Kindergarten gebracht wurde. Da das nun prima läuft, war sie davon ausgegangen, dass ihre Tochter, die Wasser liebt, auch problemlos beim Schwimmkurs mitgehen würde. Falsch gedacht.

Es war auch nicht klug von Mama Finke, sich das dicke Norwegerkleid anzuziehen. Ihr wird sehr heiß. Wegen des Kleides, weil es warm ist in der Umkleidekabine, und weil sie Ärger und Ohnmacht in sich aufsteigen spürt.

Dass im Eingangsbereich etliche nette Väter mit ihren Kindern gesessen hatten und andere Eltern zu zweit ein Kind zum Schwimmkurs gebracht hatten, während sie mit zwei Kindern alleine da ist, bessert ihre Laune nicht. Und dannn fällt ihr auch noch ein, dass der Vater der Kinder einst großspurig angekündigt hatte, mit dem Sohn zum Schwimmkurs zu gehen. Das war dann doch nichts geworden.

Mama Finke (wütend): Gut, dann gehen wir eben wieder. ICH kann schon schwimmen. Und ich habe bei der Anmeldung abgemacht, dass du auch im September anfangen kannst, falls das jetzt zu früh ist. Kein Problem.

Jüngste: Doch, ich will doch mit rein!

Mama: Dann geh doch. Ich kann auch ein paar Schritte mitkommen. Komm, wir gehen. (Macht ein paar Schritte zu den anderen Kindern und der Schwimmlehrerin)

Jüngste: Nein, ich will doch nicht. (Klammert sich am Bein der Mutter fest)

Mama: Wir gehen jetzt. Mir reicht’s. Und ich bin sauer. So sauer, dass ich schreien könnte. (Knallt stattdessen ihre Winterstiefel mit Schwung auf den Boden und fühlt sich töricht)

Sohn (beeindruckt): Mama. aber ich hab’s mir überlegt. Ich will doch in den Schwimmkurs.

Mama: Ach. Na gut, dann lernt wenigstens einer schwimmen.

©-svedoliver-Fotolia.com
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3. Akt, 10: 20 in der benachbarten Bäckerei

Mama Finke, Sohn und Jüngste kaufen Brötchen. Mama gönnt sich einen Milchkaffee, zum Runterkommen. Und die Zeit bis zum Start des zweiten Schwimmkurses muss ja auch überbrückt werden.

Mama: So, Kinder. Dann gehen wir mal wieder los.

Die drei überqueren die Straße an einer grünen Ampel. Mittendrin kehrt die Jüngste auf einmal um. Sie wendet mit dem Laufrad auf der Fußgängerinsel und will harakirimäßig den bereits rot geschalteten Rückweg antreten. Mama Finke lässt alles fallen und zieht das Kind zurück. Autofahrer gaffen. Der Sohn steht bereits auf der anderen Straßenseite.

Mama: Jüngste, das geht nicht! Das ist total gefährlich, du kannst hier nicht einfach umdrehen!

Jüngste: Ich will aber nach Hause! Ich bin müde!

Mama: Nix da. Wir gehen jetzt zum Schwimmkurs deines Bruders. Und du drehst NIE wieder auf der Straße einfach um. Verstanden!? Du wirst sonst totgefahren!

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4. Akt 10:45, wieder im Schwimmbad

Der Sohn ist anstandslos mit den anderen Kindern in die Dusche marschiert, ohne Zögern. Mama Finke und Jüngste nehmen am Fenster im Gang Platz, von wo aus man einen guten Blick auf das Schwimmbecken hat.

Mama: Guck mal, da ist dein Bruder. Jetzt machen sie sich warm. Ich glaube, das macht ihm Spaß.

Jüngste: Mama, ich will jetzt auch schwimmen lernen. Kann ich da mitmachen?

Mama: Nein, das geht leider nicht. Dein Kurs war vorhin. Die sind jetzt fertig. Und du wolltest nicht mitmachen.

Jüngste: Wollte ich doch! Buhuuuu! Du hast mich nicht reingelassen!

Mama verdreht die Augen und bekämpft Hitzewallungen. Jüngste fängt an, massiv zu rangeln und quengelt weiter, dass sie JETZT und sofort ins Wasser wolle. Andere wartende Eltern heben irritiert die Augenbrauen. Mama seufzt. So geht das etwa 30 Minuten.

Mama ist sehr, sehr warm. Sie überlegt, ob es eine Option ist, sich im Unterhemd und Strumpfhose im Wartebereich aufzuhalten und verwirft diesen Gedanken. Mama Finke atmet tief durch und konzentriert sich auf das zuversichtliche Gesicht des Sohnes, den sie mit den anderen Kindern fröhlich durchs Wasser hüpfen sieht.

Schwimmlehrerin, vorbeigehend zu Mama: Na, wollen wir das vielleicht nächste Woche nochmal versuchen?

Mama: Ja, geht denn das? Von mir aus gern!

Jüngste im Krawallmodus hört gar nicht zu und quengelt immer lauter. Mama schwitzt. Und überlegt – könnte das klappen? Die Schwimmlehrerin scheint Nerven aus Stahl zu haben. Sie bleibt freundlich, obwohl sich die Jüngste gerade von ihrer schlechtesten Seite zeigt. Beeindruckend.

Mama: Jüngste, willst du nächste Woche nochmal kommen und mitmachen? Aber dann ohne Theater?

Jüngste: Ja, au ja! (Strahlt)

5. Akt 12:30, wieder zuhause

Mama ist fix und fertig. Die Badesachen werden ausgepackt. Nun hat die Jüngste Lust, zu baden, und zwar im Badeanzug. Den hat sie ja noch an, wie praktisch. Mama Finke lässt Badewasser ein und atmet tief durch.

Immerhin: mit einer Erfolgsquote von 50% war das kein totaler Reinfall. Und vielleicht wird die Jüngste kommenden Samstag doch noch beim Schwimmkurs mitmachen. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon?

 

Nachtrag, Oktober 2014: Es kam dann doch nicht zum Vollzug. Aber nun, 10 Monate später starten wir einen neuen Versuch. Diesmal mit bestem Freund und im Selbstlernversuch bereits fast schwimmender Jüngster. Toi, toi, toi! Und Mama Finke wird geeignete Kleidung für Begleitpersonen wählen, hitzewallungsgeeignete. Sicher ist sicher.