Ich tue das für all die Kinder, die jedes Jahr am Abend vor den Bundesjugendspielen Bauchschmerzen haben, für jene, die während der Wettkämpfe am liebsten im Boden versinken würden, und für alle, die hinterher beim Verteilen der Urkunden am liebsten in Tränen ausbrechen würden.
Und ein bisschen für die kleine Christine, die jedes Jahr, trotz eines ganz normalen Körpers, die Langsamste im Rennen, die Schlechteste im Werfen war und blamable Ergebnisse im Weitsprung hatte. Wenn ich nicht Mutter wäre, dann würde ich darüber keinen Gedanken mehr verschwenden – aber ich kann nicht verstehen, warum es heute noch für gut befunden wird, Kinder zu zwingen, sich in eine sportliche Wettbewerbssituation zu bringen, die mit Demütigung und Ohnmachtsgefühlen vor der Peer Group verbunden ist.
Sport sollte Spaß machen und ein positives Körpergefühl vermitteln. Aber die Bundesjugendspiele leben von Wertung: Aufwertung und Abwertung einzelner auf Kosten anderer. Oft ist das Lehrpersonal auch noch so unsensibel, die Unterschiede zwischen den Kindern besonders herauszustellen bei der anschließenden Vergabe der Urkunden in der Klasse. Bei einem Wettkampf gehöre es dazu, heißt es dann. Aber welchen Sinn hat ein Wettkampf, dem man sich nicht freiwillig stellt und bei dem Einzelne schon vorher wissen, dass sie am unteren Ende der Leistungsskala sein werden?
Ich habe noch nie eine Petition gestartet und ich bin zögerlich, wenn es ums Unterzeichnen geht. Zu inflationär erscheint mir das oft, und die Anliegen nicht unbedingt sinnvoll. Aber nachdem ein vorgestern von mir abgesetzter Tweet innerhalb kürzester Zeit eine ungeheure Resonanz erfuhr, spüre ich die Verpflichtung, es wenigstens zu versuchen.
Klar, so eine Petition hat keine rechtliche Wirkung. Aber wenn genügend Leute unterzeichnen, dann kann über die Öffentlichkeit Druck ausgeübt werden und zumindest eine Diskussion angestoßen werden. Es wäre ja schon ein Fortschritt, wenn der Zwang zur Teilnahme abgeschafft würde, falls es nicht gleich mit der ganzen unseligen Veranstaltung klappt, das ist mein Minimalziel. Kriegen wir das hin? Macht Ihr mit?
Petition unterzeichnenDie Bundesjugendspiele sind nicht mehr zeitgemäß: Der Zwang zur Teilnahme und der starke Wettkampfcharakter sorgen bei vielen Schülern für das Gefühl, vor der Peergroup gedemütigt zu werden. Daran hat auch die Einführung der „Teilnahmeurkunde“ für diejenigen, die am schlechtesten abschneiden, nichts geändert.
Sport sollte Spaß machen und nicht nur für ein gutes Körpergefühl, sondern auch für Selbstbewusstsein sorgen, unabhängig vom Talent und Können des Einzelnen. Die Bundesjugendspiele in ihrer jetzigen Form (ursprünglich auf die Reichsjugendwettkämpfe zurückgehend) konterkarieren dieses Ziel, sie demotivieren Schüler und setzen sie unter sozialen Druck. Häufig werden die Ergebnisse der Wettkämpfe beim Austeilen der Urkunden sogar öffentlich im Unterricht verlesen, als würde es nicht reichen, dass auf dem Sportplatz die Peergroup hautnah mitbekommt, wer besonders gut und besonders schlecht ist. Dabei werden die individuellen körperlichen Voraussetzungen (Körperbau, Größe, Konstitution) der einzelnen Kinder nicht berücksichtigt, gleichzeitig aber, obwohl dies wissenschaftlich nicht haltbar ist, völlig unnötige Geschlechterunterschiede bei den Leistungen von Kindern unter 11 Jahren gemacht.
Das Argument, gerade die schwächeren Schüler könnten bei den Bundesugendspielen Erfolge verbuchen, darf nicht über den Schutz derjenigen Schüler gestellt werden, die im Sport keine guten oder schlechte Leistungen erbringen. Ein Wettkampf, bei dem Einzelne schon vorher wissen, dass sie chancenlos sind, ist sinnlos und unfair.
Die vom Kuratorium für die Bundesjugendspiele postulierten Ziele Freude an Bewegung, Gemeinschaftsgeist und positive Werte werden durch die Bundesjugendspiele nur einigen wenigen, im Sport guten Schülern vermittelt. Für viele weniger sportliche Schüler hingegen bedeuten diese Spiele eine alljährlich wiederkehrende öffentliche Demütigung. Viele glauben bis ins Erwachsenenalter, sie seien unsportlich, was fatal ist, denn eine positive Einstellung zum Sport und zum eigenen Körper dient nicht nur dem psychischen Wohlbefinden, sondern beugt auch langfristig Bewegungsarmut und körperlichen Erkrankungen vor.
Deswegen sollten die Bundesjugendspiele entweder abgeschafft oder auf Freiwilligkeit umgestellt werden.
NB: Die Petiton ist auf change.org, weil ich dort ein Bild einfügen kann, was gut ist, um in den Social Media zu wirken. Außerdem haben viele dort schon ein Nutzerkonto und das Unterzeichnen ist somit niedrigschwellig. Ich konnte dort auch Links einfügen zu Quellen und Texten, die meine Petition untermauern – das ist bei der E-Petition des Bundestags nicht möglich, weswegen ich mich dagegen entschieden habe, sie als Plattform zu nutzen.
Linktipp innerhalb des Blogs: Schulsport – muss das denn so sein!?