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Post von Andrea Nahles – ihr Brief an mich im Wortlaut

Nein, ich bin nicht das Sprachrohr der SPD, und ich weiß auch noch nicht, wen ich wähle im September (Spoiler: die CDU wird’s garantiert nicht).

Aber ich war von Andrea Nahles beeindruckt, als ich sie bei der Maybrit Illner Sendung Ende April traf und mit ihr auch noch nach der Sendung sprechen konnte. Sie war kein bisschen so, wie ich das durch die Medien vermittelt bekommen hatte. Da stand keine unsympathische, kalte Arbeitsministerin. Da stand eine Frau, die zuhörte und offen für meine Ideen war.

Also war ich nach der Sendung so frei, ihr mein Buch zuzuschicken, das ich ihr eigentlich hatte schon an dem Abend selbst in die Hand drücken wollen. Dass sie es lesen würde, hatte ich nicht wirklich zu hoffen gewagt.

Aber dann kam am 19. Mai ein Brief von Andrea Nahles bei mir an, über den ich mich so sehr gefreut habe, dass ich es immer noch nicht übers Herz brachte, ihn einfach abzuheften. Und gestern habe ich spontan meinen Mut zusammengenommen und gefragt, ob ich ihr Schreiben mit den vielen netten Worten über mein Buch, das erstaunlich viel Verständnis für Alleinerziehende zeigt, veröffentlichen darf. Sie hat Ja gesagt.

Ich darf meine Freude mit euch teilen, und ich hoffe, Ihr freut euch mit. Für mich ist es ein sehr gutes Zeichen, wenn führende Politiker Bücher wie meines lesen. Unsere Familienministerin Katarina Barley hat übrigens vor ein paar Tagen auf twitter darum gebeten, dass Carola Fuchs ihr ihr großartiges Buch zuschickt, in dem es um Sorgerechtsproblematiken und Trennung nach Gewalt geht, auch das macht mir viel Hoffnung, politisch gemeinsam und im Dialog etwas bewegen zu können. Schreiben wirkt!

Der Brief von Andrea Nahles

Liebe Frau Finke,

für Ihr Schreiben vom 2. Mai 2017 und die Zusendung Ihres Buches danke ich Ihnen sehr herzlich.

„Erst seitdem ich selbst alleinerziehend bin, fällt mir auf, dass ich früher nie einen Gedanken an Alleinerziehende verschwendet habe.“ Dieser Satz, der gleich am Anfang Ihres ebenso klugen wie kämpferischen Buches steht, trifft ohne Frage nicht selten die Situation derer, die sich – zumeist ungeplant und unerwartet – vor die Aufgabe gestellt sehen, allein für ihre in der Regel jüngeren Kinder zu sorgen.

Mein politisches Engagement und mein frühes Interesse vor allem an den Themen Arbeit und Soziales hat dazu geführt, dass die Dinge bei mir etwas anders liegen. Nicht erst seit ich als Ministerin für dieses Aufgabenfeld Mitverantwortung trage, weiß ich um den besonderen Aufwand, den die rund 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland – Sie wissen, in neun von zehn Fällen sind es Frauen – betreiben müssen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, um die besonderen Mühen, den Mut und die Disziplin, die schon die Bewältigung des Alltags erfordert.

Immerhin gut 70 Prozent der Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern sind berufstätig, wenn auch das Einkommen nicht in allen Fällen zum Leben reicht. Schul- und Berufsabschluss sind Schlüsselfaktoren: Die Erwerbstätigenquote steigt signifikant mit dem Bildungsstand.

Diejenigen, die es auf dem Arbeitsmarkt noch nicht geschafft haben, die mehr arbeiten und ihre Situation aus eigener Kraft verbessern wollen, brauchen handfeste Hilfen. Der gezielte Einsatz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und verlässliche Kinderbetreuungszeiten stehen dabei auf der Wunschliste ganz oben. Hier ist und bleibt die Politik gefordert – nicht nur, aber eben auch.

„Allein, alleiner, alleinerziehend“ – so soll und darf es eben nicht sein. Auch deshalb ist ein beglaubigter Mahnruf wie der Ihre, ein überzeugender Appell an die Gesellschaft so wichtig. Defizite aufzeigen, Probleme benennen, aber auch Mut machen, Vorurteile abbauen, ein Bewusstsein für die besonderen Stärken von Alleinerziehenden schaffen – das alles leistet Ihr Buch. Wir brauchen Vorbilder, sagen Sie mit gutem Grund. Es ist gut, dass wir Ihr Vorbild haben!

In diesem Sinne: Nochmals vielen Dank für Ihr Buch, vielen Dank auch für Ihr Engagement und natürlich alles Gute für Ihre Zukunft und die Ihrer Kinder.

Mit freundlichen Grüßen nach Konstanz
gez. Andrea Nahles