Ein autistisches Kind zu haben, erweitert den Blick – mir geht das jedenfalls so:
Wir fuhren die Rolltreppe im Kaufland runter, und während ich darüber nachdachte, dass 1,99 € für Chips echt teuer ist (das ist so eine schräge Rolltreppe ohne Stufen, und rechts und links davon liegen Waren aus), fragte mich die Jüngste (9) plötzlich: „Warum steht da ‚Qualität ist unser täglich Brot‘, Mama?“ Sie hatte ein großes Werbeplakat entdeckt, das ich überhaupt nicht gesehen hatte.
Ich holte etwas aus zum Erklären, und sagte sowas wie: „Täglich Brot bedeutet, man macht etwas dauernd, so wie Brot essen oder für den Bäcker Brot backen, dass es also normal ist. Zum Beispiel, dass ich ständig Milch für euch einkaufe. Und Kaufland will, dass wir glauben, Qualität sei für sie ganz normal.“
Eigentlich fand ich meine Erklärung gar nicht schlecht. Aber natürlich war meine autistische Tochter noch nicht ganz zufrieden. „Milch kaufst du aber nicht jeden Tag, nur fast jeden Tag.“ Ich nickte, natürlich hatte sie Recht.
Und dann beschäftigte sie noch ein Gedanke – ob das Brot im Kaufland denn wohl gute Qualität habe, denn sonst würde das ganze ja keinen Sinn machen. Dass das Brot im Backshop nicht so richtig toll ist, weil es aus Industriebetrieb kommt und einfach nur aufgebacken wird, und von der Qualität her nicht mit dem vom guten Bäcker bei uns um die Ecke zu vergleichen ist, habe ich dann also auch noch erklärt.
Und wieder mal gestaunt, wie genau mein Kind alles nimmt.
Hintergrundinfo: Autisten haben oft Schwierigkeiten, Redewendungen und Metaphern zu verstehen, und nehmen alles wörtlich. Auch Sarkasmus, Ironie und Wortwitz kann schwierig sein, muss es aber nicht – meine Tochter zum Beispiel ist oft ironisch, genauso wie mein Exmann, den ich wegen seines scharfen Wortwitzes sehr liebte. Mein Kind hat auch große Freude am Spiel mit Worten und Wortwitz.