Man könnte meinen, das Buch von Maya Dähne käme zur Unzeit. Denn in einer Woche, ab dem 1. August 2013, haben Eltern in Deutschland das Recht auf einen Krippenplatz. Damit gibt’s dann gar kein Problem mehr mit der Kinderbetreuung, oder?
Dass Kita-Gutscheine, staatlich garantierte Krippenplätze, Kindergeld und sonstige Bemühungen des Staates ein hehres Unterfangen sind, aber in einem kinderfeindlichen Land wenig nützen, hält uns Autorin Dähne in dem gerade erst erschienenen Buch „Deutschland sucht den Krippenplatz“ sehr deutlich vor die Augen.
Weil es launig geschrieben ist, dabei aber klar und kein Blatt vor den Mund nimmt, habe ich das 167 Seiten dicke Buch innerhalb von 24 Stunden verschlungen. Und oft genickt. Auch als selbstständige Alleinerziehende finde ich mich wieder, wenn sie schreibt: „Als Neuberlinerin brauche ich einige Wochen, bis mir klar wird, dass hier niemand von selbst hilft.“ – Frau Dähne war aus den U.S.A. nach Deutschland gezogen und versuchte, mit dem Kinderwagen Treppen zu bezwingen, Bus zu fahren, oder einfach nur von A nach B zu gelangen.
Von Kindern als Diskriminierungsgrund schreibt sie, und da bin ich ganz bei ihr. Eltern mit Kindern, das ist meine Auffassung, werden in Deutschland vielerorts diskriminiert – wegen seiner sexuellen Neigungen, der Religion oder der Hautfarbe darf keiner mehr als Mieter abgelehnt werden, der Kinder wegen schon. Das, und die Tatsache, dass Putzfrauen in Deutschland mehr verdienen als Babysitter, wie auch Erzieher chronisch unterbezahlt sind, ganz anders als in fast allen europäischen Nachbarländern, zusammen mit einem veralteten Weltbild, machen Deutschland zur Kinderwüste: „63% der Westdeutschen… halten es für wahrscheinlich, dass Kleinkinder darunter leiden, wenn Mütter berufstätig sind.“ (In Ostdeutschland nur 36%.) Rabenmütter gibt es nur in Deutschland, und insbesondere im katholischen Süden von Westdeutschland, wie es mir scheint.
Beruflich begibt sich die Mutter unfreiwillig ins Aus: „Der ideale Arbeitnehmer ist eben meistens Mann, manchmal Frau, aber nie Mutter“, schreibt Dähne, und auch hier kann ich nur grimmig nicken. Schon gar nicht eine dreifache, alleinerziehende Mutter, möchte ich hinzufügen.
Auch dass Frauen, weil sie beruflich mobil waren und der Ausbildung wegen spät Kinder bekommen haben, dann eben keine Oma, Onkels und Tanten vor Ort haben, die als zuverlässiger und kostenloser Babysitter einspringen können, dröselt Maya Dähne für uns auf.
Trotz all dieser ernüchternden Fakten macht das Buch Spaß beim Lesen, es ist kein bisschen deprimierend, sondern wohltuend, wenn alles auf den Tisch kommt. Ein Umdenken, so endet das Buch, wünscht sich die Autorin. Und genau das ist auch mein Wunsch. Ehegattensplitting und Steuerklasse 5 abzuschaffen ist das Eine. Aber eine Umgebung zu bieten, in der Kinder willkommen sind und kein Störfaktor, das ist die wirklich große Aufgabe.
Zwei Fragen an Maya Dähne
1) Frau Dähne, eine gute Fee steht vor Ihnen und sagt „Du hast 3 Wünsche frei, um das Leben für Eltern in Deutschland besser zu machen.“ Was würden Sie den Familien in Deutschland am dringendsten herbeiwünschen?
Zu uns kam bislang leider nur die Zahnfee (auf die warten wir gerade sehnsüchtig). Sollte die „Drei Wünsche für Eltern Fee“ demnächst tatsächlich bei mir vorbeischweben, würde ich sie als allererstes um mehr Zeit (Kinderzeit, Auszeit, Freizeit) bitten. Zweitens um Nachbarn und Rentner, die Kinder nicht für lärmende, schmutzige Störenfriede halten. Und drittens um Chefs, für die Familienzeit kein lästiger Kostenfaktor und Karrierekiller ist.
2) Da es keine guten Feen gibt, welche Partei würden Sie jetzt im Herbst am ehesten wählen, um ein kinderfreundlicheres Deutschland zu bekommen? „Mütter an die Macht!“
Maya Dähne. Deutschland sucht den Krippenplatz. 1. Auflage 2013. 171 Seiten. ISBN 978-3-407-85975-4. 14,95 €.
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