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Twitterer im Interview: Hauptstadtmädchen

„Heute twittere ich mich um Kopf und Kragen“ (sinngemäß) schrieb die @Hauptstadtgoere, die sich Hauptstadtmädchen nennt, als ich auf sie aufmerksam wurde. Das muss am Anfang des Jahres gewesen sein, denn wenn ich richtig zurückgerechnet habe, ist sie seit dem Jahreswechsel getrennt und seitdem verstärkt auf twitter.

Derzeit 1743 Follower lesen das Leben der alleinerziehenden Mutter eines Kleinkindes mit, die in Vollzeit arbeitet. Es geht um Träume, Trennung, Ausgehen und Arbeit. Wenn sie nicht arbeitet, twittert oder sich um das Kind kümmert, dann näht sie – und zwar trendige Mützen, die Beanie genannt werden, für das Label funky4you. Ob es ihr Label ist?

Hauptstadtmädchen mit Beanie
Hauptstadtmädchen mit Beanie

Gemeinsam mit vier anderen Frauen bloggt das Hauptstadtdmädchen auf Frau Schreiberling. Dort erfährt man, dass sie in einer 120 m² Wohnung in Berlin lebt, die ihr nach dem Auszug des Ex und dem Tod ihres geliebten Hundes manchmal zu groß erscheint, weswegen sie sich in die 8 m² kleine Küche setzt, um zu twittern. Im Sommer hält sie sich gerne auf dem Balkon auf, wo sie sich oft mit der letzten Zigarette und Gedanken zur Nacht in einem Tweet verabschiedet.

Hauptstadtmädchen im Dirndl
Hauptstadtmädchen im Dirndl

Das Hauptstadtmädchen stelle ich mir als schöne und kluge Frau vor, die sich nicht gerne in Schubladen pressen lässt. Zum Oktoberfest trägt sie Dirndl mit Zungenpiercing, sie raucht und mag Rotwein und auch Bier. Wenn das Hauptstadtmädchen Essen fotografiert, dann sehen wir rote Paprika, die scheint sie gerne zu essen.

Deftige Speisen sind ihr Ding: Haxn, Weißwürste und Chili, sie ist aber auch der Schokolade nicht abgeneigt.

Studiert hat sie Deutsche Literatur, sogar mit einem Stipendium in Oregon.

Und weil sie schreibt, ihre kleine Schwester sei im November 30 geworden, muss sie entweder ein älterer Zwilling sein oder 31, wenn ich die Blogposts richtig deute.

Am Hauptstadtmädchen mag ich das gelegentlich Aufmüpfige:

Aber auch aus der Rubrik „Liebe, Leben, Nachdenkliches“ kommen Sätze, die für mich aus der Masse herausstechen:

@Hauptstadtgöre, erkennst du dich wieder in meiner Beschreibung?

Das ist schon lustig zu lesen, was für ein Bild man von sich selbst auf Twitter offensichtlich zeichnet. Das meiste stimmt tatsächlich, aber es fehlt natürlich auch ganz vieles. Dinge, über die ich vielleicht nicht schreibe, die mich aber auch ausmachen. Das mit den deftigen Speisen zum Beispiel ist sehr lustig, da das nämlich so generell gar nicht stimmt. Ich liebe Steaks und Schnitzel, aber so richtige deftige Hausmannskost ist eigentlich gar nicht so meins. Schokolade dafür umso mehr.

Aber klar ist ja auch, dass man immer nur einen kleinen Teil von sich preisgibt, weswegen es ja immer wieder zu Irritationen kommt, wenn Leute meinen, einen zu kennen, nur weil sie ein paar Tweets gelesen haben. Meine Tweets sind eigentlich immer Momentaufnahmen. Oft aus einer Laune herausgeschrieben, der Versuch einem temporären Gefühl, einen sprachlichen Rahmen zu geben.

In den Tweets wird geduzt und gesiezt. Wie sollen wir es halten?

So ein bisschen wie im wirklichen Leben würde ich sagen. Manche Leute sieze ich, manche Leute duze ich. Und so halte ich es auch in meinen Tweets, je nachdem, wen ich ansprechen will.

Verrätst du uns, in welchem Bereich du arbeitest?

Nur so viel, es hat tatsächlich was mit meinem Studium zu tun und beinhaltet eine Menge lesen und mit Rotstiften rumkritzeln.

In welchen Berliner Stadtteilen trifft man dich an?

Als ich noch ohne Kind und nur mit Hund war, habe ich viele Jahre um Prenzlauer Berg gewohnt und war deshalb auch immer dort, in Friedrichshain und in Mitte unterwegs. Das hat sich geändert. Mittlerweile wohne ich in einem gesetzteren Bezirk im Westen Berlins. Der Umzug hatte ganz pragmatische Gründe, ich brauchte einen Kitaplatz und wollte näher an meine Arbeitsstätte. Aber es war das Beste, was mir passieren konnte. Ich fühle mich hier wirklich wohl und es ist ein bisschen so wie Prenzlauer Berg früher war, nur mit ein paar mehr Spielplätzen, auf denen man auch nicht eine halbe Stunde anstehen muss, bis man mal schaukeln kann und weniger touristisch.

So richtig auf der Straße treffen, kann man mich aber sowieso eher selten. Unter der Woche bin ich meist auf dem Weg zur Kita, oder auf dem Weg zur Arbeit. Oder sitze eben auf einem Spielplatz rum. Abends weggehen ist selten geworden. Oft trifft man mich also lieber auf meinem Balkon oder der Küche. Meinen zwei Lieblingsplätzen in der Wohnung.

Was ist twitter für dich?

Das ist ja so ein bisschen die Gretchenfrage hier, oder? Was soll man darauf sagen? Dass man mittlerweile auch mal mitten in der Nacht, wenn man nicht schlafen kann, in die TL schaut? Ne, das klingt ja so als sei man süchtig.
Dass es eigentlich gar nicht so wichtig ist und man jederzeit aufhören könnte? Ne, das wäre ja gelogen.
Dass ich über Twitter tatsächlich viele nette Menschen kennengelernt habe, die ich mittlerweile auch persönlich kenne? Das stimmt, voll und ganz!
Dass Twitter ein Ort ist, wo ich auch mal die ganz düsteren Gedanken rauslassen kann? Ja, das stimmt auch.
Dass meine TL mich zum Lachen, Nachdenken und Kopfschütteln bringt? Ja, das fasst es wohl ganz gut zusammen.
Und was ich wirklich an Twitter liebe, ist die Zeichenbegrenzung! Das ist großartig, dass man für alles, was man denkt und sagen will, nur 140 Zeichen hat. Irgendwie ist Twitter genau mein Metier!

Blick auf Fernsehturm am Alex, Foto: Hauptstadtmädchen
Fernsehturm am Alex, Foto: Hauptstadtmädchen

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