Der Mann ist Komponist, Musikproduzent und Texter aus Berlin, ein sehr erfolgreicher dazu. Und der erste Twitterer mit verifiziertem Account, den ich hier vorstelle – alle anderen vorher waren anonyme Twitterer. Christian Pokerbeats gibt sich transparent auf twitter. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Oder doch? Mal nachfragen. :)
Über 16.400 Follower lesen mit, wenn Christian zu seinen Eltern verreist, zum Sport geht, vom Getrampel der Nachbarn von oben genervt ist und Freunde mit Katzen besucht. Klingt überhaupt nicht wie ein cooler Komponist und Beatmixer für Hip Hop, oder?
Gerade was gegessen haben und dann beim Putzen diesen unteren Rand der Kloschüssel saubermachen. Versucht das zu vermeiden.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) February 25, 2014
Ich lasse meine Mutter via Skype-Video-Anruf zuschalten, während ich einen Obstsalat esse, damit sie sieht, dass ich mich gesund ernähre.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) January 15, 2014
Wenn ich jemals 3 Wünsche bei einer guten Fee frei haben sollte, wird einer davon sicher sein, dass aus meinem Leben nie ein Musical wird.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) January 5, 2014
Ich hätte mein Leben gerne so in Ordnung, wie Menschen, die sich im Radio Lieder wünschen, die sowieso den ganzen Tag im Programm laufen.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) December 26, 2013
Tatsächlich würde ich Christian Pokerbeats bedenkenlos meine Kinder babysitten lassen. Hat der Mann den überhaupt keine ekelhaften, dunklen Seiten? Falls ja, sieht man die auf twitter nicht. Er kommt ganz und gar normal rüber.
Christian ist der netteste Musikproduzent für Rap, den man sich ausdenken kann. Und ich glaube, er ist echt. Nicht jedem Menschen ist die Fähigkeit gegeben, über sich selbst zu lachen. Christian kann das.
Klar wird der Ladendetektiv misstrauisch, wenn ich mich in der Sportabteilung aufhalte.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) February 27, 2014
Ich mag Überraschungen. Was ich nicht mag: Im Büro merken, dass die Tupperschüssel mit meinem Mittagessen im Rucksack aufgegangen ist.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) February 21, 2014
Meine neue Winterjacke ist so dick und groß, ich habe total Angst, hinzufallen und wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegen zu bleiben.
— Christian Pokerbeats (@Pokerbeats) November 8, 2013
Er macht auch keinen Hehl daraus, dass er aus einem kleinen Dorf (war’s in Bayern?) stammt, und seine Eltern, die er mag, ihm Fresspakete schicken. Auch dass Pokerbeats sich oft überwinden muss, zum Fitness zu gehen, bekommen die Leser mit. Klingt banal, ist aber immer charmant. Irgendwie ist Christian ein Twitterfreund, der Rock Star ist. Vielleicht ist das sein Appeal?
Er wohnt nicht allein, aber wir wissen nicht, ob das eine WG ist oder ob er mit einer Partnerin lebt.
Pokerbeats ist 29 Jahre jung und hat schon etliche Platinplatten gewonnen, und beschreibt sein Erfolgsrezept in diesem Interview für alle, die mehr wissen wollen.
Seinen echten Nachnamen kann man herausfinden, wenn man ihn googelt – das ist ein richtig bayerischer Nachname. Auch hier Authenzitität. Passt alles. Das einzige Rätsel, das Christian Pokerbeats aufgibt, ist welche Seite von ihm er auf twitter komplett verschweigt.
Christian, raus mit der Sprache. Was verheimlichst du auf twitter?
Eigentlich nichts. Es gibt natürlich Punkte, die ich jetzt nicht rausposaunen würde, wie beispielsweise meine Adresse, was oder wen ich wähle oder allzu Privates. Aber es gibt nichts, was ich verheimliche oder vorgebe zu sein. Wie du ja schon gesagt hast, findet man meinen vollständigen Namen sehr leicht heraus. Ebenso, welche Musiktitel ich komponiert und produziert habe, was ich sonst noch arbeite und / oder gearbeitet habe.
Das ist aber ja nicht nur bei mir so. Man kann heutzutage eigentlich über jeden, der sich im Netz bewegt, herausfinden, was man wissen möchte. Ob und vor allem warum man sich diese Mühe macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich twittere, was ich erlebe. Ich glaube, wenn ich um und für mich eine Geschichte erfinden würde, wäre es nicht mehr authentisch und somit sicher auch nicht mehr unterhaltsam.
Sprichst du Hochdeutsch, dialektgefärbt, oder berlinerst du?
Ich spreche Hochdeutsch, mit einer leichten Einfärbung. Wenn ich will, kann ich aber auch sehr bayrisch sprechen. Ich mag am Bayrischen, dass oft mit einem Ausdruck alles gesagt ist. Statt „Ja ok, das geht schon so in Ordnung.“ sagt man beispielsweise einfach „Basst scho!“. Ich mag dieses Schnörkellose. Vielleicht mag ich deshalb auch Twitter so gerne. Man muss zum Punkt kommen. Für Gelaber ist kein Platz.
Im Twitterprofil steht „Wrestling in echt“. Bist du also Ringer?
Oh Gott, nein. „Wrestling in echt“ ist mehr als Metapher zu verstehen. Als Kind habe ich Wrestling geliebt. Diese überzeichneten Kunstfiguren waren meine Helden. Natürlich wusste ich, dass alles gestellt ist. Aber ich mochte die Show.
Der Teil von mir, der Wrestling geliebt hat, wird nicht erwachsen. Wenn ich heute ins Kino gehe, müssen riesige Aliens Städte verwüsten, zahlenmäßig weit unterlegene Spartaner müssen sich einer Übermacht an blutrünstigen Eroberern entgegenstellen oder riesige Roboter müssen die Welt gegen Monster aus dem All verteidigen. Dabei explodiert immer viel. Das unterhält mich ungemein. Wenn ich aus meinem Leben twittere, explodiert weniger. Es ist aber nicht weniger unterhaltsam.
Wie kamst du zum Twittern?
Ich habe etwa 2006 angefangen, mit meinen Kompositionen und Produktionen Geld zu verdienen. Als HipHop-Produzent, der damals in einer kleinen Stadt lebte, war die Schwierigkeit für mich immer, die Instrumentals, die ich gebaut hatte, den entsprechenden Rappern zeigen und geben zu können. Mich kannte damals ja keiner. Ich hatte auch keinen Verlag und keinen Manager. Die direkteste Möglichkeit, mit jedem ohne Umwege in Kontakt zu treten war MySpace. Als das Interesse an und die Aktivität auf MySpace dann Mitte 2009 nachgelassen hat, brauchte ich eine Alternative. Da Twitter zur Kommunikation wesentlich direkter war als beispielsweise Facebook, hab ich angefangen zu twittern.
Ich habe Twitter lange auf Englisch und beinahe nur dazu benutzt, um Beats zu platzieren. So vor drei Jahren, als ich dann auch nicht mehr so sehr auf „Neukundenakquise“ angewiesen war, habe ich gemerkt, dass es für mich und meine Follower wesentlich interessanter ist, wenn ich auf Deutsch und einfach alles, was mir passiert und einfällt twittere.
Erkennen dich Leute auf der Straße? Oder bleibst du unerkannt?
Es passiert mir tatsächlich ab und zu, dass ich „erkannt“ werde. Meistens auf Konzerten, Festivals oder in Clubs. Sehr angenehm ist das, wenn einen der Türsteher erkennt und man vielleicht keinen Eintritt zahlen muss. Dass ich aber jetzt nachmittags auf der Straße oder im Bus angesprochen werde, das passiert natürlich nicht. Ich bin ja kein Promi.
Linktipp innerhalb des Blogs: Weitere Twitterer im Interview.