Den letzten Job habe ich nicht bekommen, weil ich zum einen im Vorstellungsgespräch zum anwesenden direkten Vorgesetzten und der Personalerin sagte, eigentlich wolle ich den Job des Chefs (Leitung Online-Redaktion). Zum anderen killte ich alle meine Chancen, indem ich sagte „Ich habe auch einige Schuhe im Schrank, die ich endlich mal tragen möchte.“
Nur mühsam schaffte es die Personalerin, ihre Augenbrauen unter Kontrolle zu halten und das professionelle Gesicht zu wahren. Man verabschiedete mich höflich und versprach, sich zu melden. Ich erhielt dann eine Absage per Mail.
Offensichtlich kannten die beiden das Buch „Aus den Hemmschuhen in die Stöckelschuhe“ von Katrin Seifarth nicht. Denn hätten sie es gelesen gehabt, hätten sie vielleicht eine Frau mit Potential gesehen anstatt einer eitlen überqualifizierten Schickse. Das ist es im Kern, worum es im „Selbst-Coaching-Buch für zufriedenere Mütter“ geht, geschrieben von der zweifachen Mutter Seifarth, die systemischer Coach und Trainerin ist. Die Botschaft ist, dass frau keine Angst vor Schuhen haben soll, die ihr schön und tragenswert erscheinen, selbst wenn sie darin nicht spontan elegant und selbstsicher loslaufen kann – das ganze übertragen auf Lebensziele oder Karriere, und auch in kleinen Häppchen.
Nun habe ich seit der Lektüre von Simone de Beauvoirs „Das andere Geschlecht“ im Alter von 19 Jahren ein sehr gespaltenes Verhältnis zu High Heels, sind diese doch als wortwörtlicher „Hemmschuh“ zu sehen, als Schuhwerk, das die Frau am Weglaufen hindert und sie auf ihren Sex-Appeal durch das optisch verlängerte Bein reduziert. Aber Seifarth kontert diesen feministischen Einwand gleich zu Beginn des Buchs, in dem sie klarstellt, dass sich jede Frau genau den Schuh vorstellen kann, der ihr persönliches Ziel verkörpert. Es könne auch ein Laufschuh oder ein Wanderschuh sein. Das ist zwar sympathisch, aber der sich sehr durchs Buch ziehende Stöckelschuh hat mich tatsächlich etwas irritiert. Auch die vielen eingestreuten Beispiele, in denen frei nach dem Modell „Ratgeberbuch“ Beispiele von Frauen, die aus ihrem Leben erzählen, vorkommen, fand ich ein bisschen ermüdend, und die ganzen Übungen/Visualisierungen, die den Prozess des Selbst-Coachings durch das Buch unterstützen sollen, habe ich nicht gemacht.
Trotzdem glaube ich, dass das Buch für eine andere Zielgruppe als mich einen großen Nutzen haben kann. Das Frauenbild in Seifarths Ratgeber ist recht altbacken, aber das mag auch an meiner Filterblase liegen, denn wahrscheinlich ist der Ansatz, die Frauen dort abzuholen, wo sie stehen – und das ist eben bei vielen Frauen in Deutschland noch weit von Gleichberechtigung und Augenhöhe mit dem Partner entfernt, wie ich auch im Alltag beobachte.
Aber bei all diesen Mäkeleien habe auch ich, speziell mit meiner neuen Rolle als Stadträtin in Konstanz im Hinterkopf, bei der mich zuletzt die Kleiderfrage ziemlich beschäftigte, meinen Nutzen daraus ziehen können. Denn es stimmt: nur wer seine Komfortzone verlässt und Neues ausprobiert, kann herausfinden, wozu er/sie fähig ist. Stolpern, schräge Blicke von der Umwelt, Gewöhnungsschwierigkeiten und ein bisschen Herumgeeiere sind okay. Wo will ich langfristig hin?, das soll frau sich fragen, rät Seifarth. Und wenn jemand sage „Diese Schuhe stehen dir überhaupt nicht!“, dann solle frau ruhig auf Durchzug schalten, nachdem sie überlegt habe, was denn die Motivation des Gegenübers sei, ihr das um die Ohren zu hauen. Det find ick jut.
Die Schuhe auf dem roten Kissen im Bild oben habe ich übrigens noch nie getragen. Aber ich musste sie haben. Sie waren ein Schnäppchen, das ich im März für 85 € online gekauft habe – reduziert von 285 €. Es sind unglaublich bequeme, elegante Schuhe, nur ein bisschen zu hoch und zu keck für diese Phase meines Lebens. Alles über 8 cm Blockabsatz ist gerade nicht drin. Aber eines Tages, das weiß ich genau, werde ich sie ausführen, und es wird sich ganz natürlich ausführen. Bis dahin werfe ich ihnen gerne einen Blick im Schuhregal zu, während ich ein weniger extravagantes Paar Schuhe trage. Oder verschiedene Schuhe ausprobiere – je nach Anlass und Laune.
Schlechte Nachrichten: Die von 285 € auf 85 € reduzierten Schuhe sind da, bequem, und ich werde sie behalten müssen. pic.twitter.com/eaVxxwowrK
— Mama arbeitet (@Mama_arbeitet) March 18, 2014
Buhuhu. Die ersten Schuhe im Sale, die mir gefallen, sind von Boss und kosten reduziert 190 €. War ja klar. — Mama arbeitet (@Mama_arbeitet) April 5, 2014
Von 109,- auf 50 €. Und so bequem! Oder: Früher, als man neue Schuhe den Freundinnen im RL zeigte. pic.twitter.com/lgTGNBy4n7
— Mama arbeitet (@Mama_arbeitet) September 24, 2013
Schuhe. Ich habe Paare für etliche Gelegenheiten, die mir das Leben niemals bieten wird. Und trotzdem ist es wichtig, sie zu haben. — Mama arbeitet (@Mama_arbeitet) October 22, 2014
Katrin Seifarth. Aus den Hemmschuhen in die Stöckelschuhe. Das Selbst-Coaching-Buch für zufriedenere Mütter. Books on Demand, 2012. 230 Seiten für 17,90 €. ISBN 978-3-8448-2661-6.
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