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Mondpapas. Ein Buch für Kinder mit abwesenden Vätern. Buchtipp!

Sie hat ihren Vater eigentlich nie kennengelernt, meine Jüngste (6). Ein paar Mal hat er sie mit abgeholt, wenn die älteren Geschwister dran waren mit Umgang, aber regelmäßig fand der nie statt.

Teilweise gab es Funkstille über Monate, und nun wohnt der Vater der Jüngsten (der auch der Vater der anderen beiden Kinder ist, aber für die ist er weitaus greifbarer und realer) schon seit über einem Jahr am anderen Ende Deutschlands. Besucht hat er seine jüngste Tochter seitdem nie, angerufen selten, vielleicht 2-3 Mal, höchstens. Das ist sehr bitter für ein Kind, und als Mutter merke ich, wie sehr der Schmerz an ihr nagt und immer wieder hochkommt. Anders als ihre älteren Geschwister hat meine Jüngste ihren Vater nie im Alltag erlebt – sie war 11 Monate alt, als ich mich trennte. Und meine Versuche, einen geordneten Umgang zu organisieren, fruchteten leider nicht.

Es ist sehr schwierig, einem Kind zu erklären, warum das alles so ist wie es ist, ohne den Vater schlecht dastehen zu lassen, aber gleichzeitig ein realistisches Bild zu geben, damit das Kind nicht in Traumwelten lebt. Oder es den abwesenden Vater nicht auf einen Sockel stellt, weil ihm lauter gute Eigenschaften zugeschrieben werden, die die Mutter, die den Alltag stemmt, natürlich nicht vorweisen kann.

 

Leider kommt es gar nicht so selten vor, dass Kinder mit abwesenden Vätern aufwachsen. Aber bisher gab es kein gutes Buch darüber, das sich an Kinder richtet. Trennungsliteratur ist generell sehr beschönigend, finde ich. Die wenigen realitätsnahen Bücher, die ich finden konnte, habe ich hier erwähnt, und als nun ganz neu das Buch „Mondpapas“ herauskam, war ich sehr gespannt.

Ich hab’s der Jüngsten vorgelesen, denn es richtet sich an Kindergartenkinder (sehr wenig Text, viele schöne Illustrationen von Leonie Rösler). Die Sprache ist wunderbar schlicht und geht direkt ins Kinderherz. Und neutral, das ist ein Riesenkunststück. „Mondpapas sehen aus wie andere Papas. Sie haben die gleichen Namen und tragen vielleicht eine Brille und einen Bart“, erklärt das Buch. Und auch: „Es gibt Papas, die sind so in ihre Arbeit verstrickt, dass sie alles andere um sich herum nicht mehr sehen oder vergessen, auch das, was ihnen eigentlich am wichtigsten sein sollte.“ Auch psychische Krankheiten und andere Gründe für Abwesenheit werden klar benannt, aber alles kindgerecht, in klarer Sprache.

Der zentrale, fürs kindliche Seelenheit wichtigste Satz in diesem Buch ist: „Es liegt nicht an dir und du kannst es nicht ändern.“ Da nickte meine Jüngste, und ich war froh zu spüren, dass sie das schon verinnerlicht hat. Für mein Vorschulkind war die Idee, der Papa lebe hinter dem Mond, irgendwie absurd, aber sie verglich sich viel mit den dargestellten Szenarien und sah die Geschichte sehr pragmatisch.

Und ich selbst habe mit Interesse den kurzen Infoteil am Ende gelesen, der fachlich richtig gut ist, was kein Wunder ist, denn die Autorin Regina Deertz ist sozialpädagogische Familienhilfe und Elternkursleiterin. Darin werden die Fragen der Identitätsfindung, Gesprächsansätze mit dem Kind und Loyalitätskonflikte angesprochen, und weitere Ansprechpartner genannt. Alles recht kompakt, nur die wichtigsten Informationen, aber eine gute Ergänzung zum Bilderbuch im vorderen Teil.

Auf so ein Buch habe ich gewartet, und meine Jüngste (nun 6) auch. Ich wünschte, es wäre schon vor 3 Jahren erschienen, dann hätte ich es ihr wahrscheinlich gerne und viel vorgelesen, nun ist sie eigentlich schon zu alt dafür. Aber es könnte auch ruhig noch mehr von der Sorte geben. Dicke Kaufempfehlung für Mütter, die einen Ex-Mann auf den Mond haben!

 

Kinderzeichnung
Wunschvorstellung meiner 6-Jährigen: Hochzeit von Mama und Papa mit Blume in der Mitte.

 

Regina Deertz, Leonie Rösler. Mondpapas. Ein Buch für Kinder mit abwesenden Vätern. Mabuse Verlag, Frankfurt 2015. 45 Seiten für 12,90 €. Hardcover. ISBN  978-3863212308.

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