5 Monate, von denen 2 Monate Sommerpause waren, so ist das politische Geschäft hier auf Kommunalebene – während der Schulferien ruht auch der Terminkalender, was aber durchaus wohltuend ist. Ich habe den Verdacht, dass die Verwaltung die Sommerpause, ebenso wie die Weihnachtspause und die Osterferienpause, als Zeit betrachtet, in der sie endlich störungsfrei arbeiten kann, ohne lästige Sitzungen und Anträge, und es sei ihr gegönnt.
Wir als Fraktionen und etliche Stadträte haben diesen Sommer allerdings wegen der drängenden Frage, wo und wie wir die Anschlussunterbringungen für die Flüchtlinge bei uns in Konstanz bauen werden, zwei Ortstermine gemacht, bei denen heftig mit Anwohnern diskutiert wurde. (Die Erstunterbringung organisiert das Land Baden-Württemberg, und es hat beschlossen, dafür zwei Turnhallen zu beschlagnahmen, was ziemlich schnell ging, besonders bei der ersten Turnhalle.)
Es ist wirklich eine Krux, die Anschlussunterbringung bürgerfreundlich zu gestalten, weil das Land strenge Regeln vorgibt, welche Art von Bau förderfähig ist und was nicht geht (Durchmischung mit Studierenden/Senioren/Familien – obwohl wünschenswert – geht nicht), und weil es trotz der strengen Regeln immer noch einen gewissen Spielraum gibt, diese Regeln auszulegen (siehe Formulierungen wie „Bei sehr umfangreichen Änderungen besteht die Gefahr, dass die Förderung verloren geht“. Wo genau fängt „umfangreich“ an!?), und weil momentan niemand genau weiß, was welche Änderungen für die Finanzen der Kommune bedeuten. Und die schier unglaublich große Zahl an Flüchtlingen, die wir bis Ende 2016 werden unterbringen müssen, kann einem schon Sorgen bereiten. Hier in Konstanz rechnen wir mit 1121 Menschen für 2015 und weiteren 800 Menschen in 2016, die ein Dach über dem Kopf brauchen. Das sind sehr viele für eine Stadt mit 80.000 Einwohnern, in der schon seit Jahren extreme Wohnraumknappheit herrscht.
1-2 Mio € mehr oder weniger im Stadtsäckl sind eine Menge Geld für eine kleine Stadt wie Konstanz, und diese Summe eventuell nachher komplett selbst zahlen zu müssen, weil man nicht für 80, sondern wie von den Anwohnern gefordert, nur für 40 Flüchtlinge eine Anschlussunterbringung plant, würde bedeuten, dass andernorts massiv gespart werden muss – besonders gerne versucht man das hier an der Kinderbetreuung. Aber auch Sport, Kultur und andere Bereiche müssen mit weniger Geld klarkommen, wenn wir über unsere Verhältnisse leben, und so etwas erzeugt logischerweise Verdruss in der Bevölkerung.
Die Flüchtlinge, ihre Unterbringung in Turnhallen, die Reaktionen der Sportverbände darauf, und der Versuch, den Unmut der Einwohner im Zaum zu halten und ihre Hilfsbereitschaft zu erhalten und nutzen, haben die Verwaltung und auch uns Stadträte sehr beschäftigt in den vergangenen Monaten. Alle anderen Themen sind darüber ein bisschen in den Hintergrund geraten, aber so ist das wohl gerade in ganz Deutschland. Einige Konstanzer Stadträte haben Mails mit rechtsradikalen Inhalten und Morddrohungen erhalten, ich zum Glück nicht, wir sind als Fraktion wohl zu klein und unbekannt. Aber da ich das schon von den Bundesjugendspielen kenne, hätte ich genauso gehandelt, wie es jetzt die betroffenen Räte tun: die Sache der Polizei übergeben, die ermittelt. Manche Räte, die bisher nicht so im Licht der Öffentlichkeit standen, machen sich ernsthaft Sorgen um Leib und Leben, und um ihre Familien, und das ist nach dem Attentat auf die nun frisch gewählte Bürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, auch sehr verständlich. Es sind krasse Zeiten.
Unsere Stadt hat neben einem Infoblatt für die Einwohner auch eine eigene Webseite mit Fragen, Fakten und Antworten zu den Fragen rund um Flüchtlinge auf die Beine gestellt, was ich vorbildlich finde. Ich hoffe, dass die Leute sich die Infos auch durchlesen, denn so können doch einige Ängste genommen werden.
Neben dem Tagesgeschäft, also der Teilnahme an den Fraktionssitzungen jeden Montag und den Ausschüssen, in denen ich sitze, war ich auch noch Mitglied in zwei Findungskommissionen, was sehr spannend war. Zum einen haben wir eine neue Leitung für das Sozial- und Jugendamt gesucht, deren menschlich wie fachlich sehr gute Chefin nun leider als beigeordnete Bürgermeisterin in der Nachbarstadt Singen tätig ist, zum anderen eine neue Leitung der Stadtbücherei.
Diese Findungskomissionen bestanden aus Vertretern der Fraktionen, des Betriebsrates, einem Bürgermeister, der Personalabteilung (moderierend), der Gleichstellungsbeauftragten (nur bei der Leitungssuche fürs SJA dabei) und einem Vertreter der Universitätsbibliothek (beratend). Und seitdem ich in diesen Runden teilnehme, habe ich einen gänzlich anderen Blick auf Bewerbungsgespräche, an denen ich als Bewerber teilgenommen habe, das ist wirklich sehr erhellend. Denn wir wählen als Kommission zuerst rein nach der schriftlichen Bewerbung aus, wen wir persönlich kennenlernen wollen in einer zweiten Sitzung der Kommission, und in dieser zweiten Sitzung stellt sich der Bewerber dann in einem Vortrag vor und muss Fragen beantworten. Wie sich die Leute dort geben und benehmen, ist teils erstaunlich. Und bei so manchem Bewerber dachte ich, Ups, sowas ähnliches hast du auch schon gesagt in einem Vorstellungsgespräch, und das kommt gar nicht so gut…
Nach der zweiten Sitzung der Findungskommission haben wir dann 1 oder 2 Bewerber ausgewählt, die wir dem Gemeinderat oder dem zuständigen Ausschuss als besten Kandidaten vorschlagen. Und dann wird endgültig abgestimmt. Das ist immer sehr, sehr spannend, weil die Abstimmung dazu geheim ist und die Bewerber so lange draußen vor der Türe warten müssen.
Nur der Vollständigkeit halber eine Auflistung der Ausschüsse und Sitzungen, in denen ich war: Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, Internationales Forum, Runder Tisch zur Begleitung von Flüchtlingen, Gemeinderat, Stadtseniorenrat, Forum Altenhilfe und Wessenbergstiftung.
Weil ich im Juli eine Lesung hielt und einen TV-Termin in Baden-Baden hatte, habe ich mich in einer Sitzung des Sozial- und Jugendhilfeausschusses vertreten lassen, ebenso wie im Ausschuss für Schule, Bildung, Wissenschaft und Sport, wo ich ordentliches Mitglied bin. Ich bin froh, dass das bei uns in der Fraktion immer irgendwie klappt, denn die Gemeinderatstätigkeit ist neben dem Beruf doch ein sehr zeitaufwändiges Ehrenamt, und nicht immer kann man die Termine dafür priorisieren. Aber es macht mir nach wie vor Spaß, auch wenn ich jetzt merke, wie mühselig es ist, Dinge ändern oder vorantreiben zu wollen. Das soll mich aber nicht davon abhalten, es weiter zu versuchen. Und die Flüchtlingsthemen gehen derzeit einfach vor.