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Zitterpartie um Unterhaltsvorschuss 2017 beenden: #UVjetzt Petition

Was für ein Zirkus! Am 14. Oktober teilte das Familienministerium mit, dass Bund und Länder sich auf die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses geeinigt haben. Dies sollte zum 01.01.2017 gelten.

Für Uneingeweihte: Unterhaltsvorschuss ist eine Geldleistung, die die jeweiligen Kommunen an Alleinerziehende zahlen, wenn das Elternteil, das Unterhalt zahlen sollte (meist der Vater, denn 90% der Alleinerziehenden sind Frauen), nicht zahlen kann oder will. Oder wenn er nur selten oder zu wenig zahlt. Das kommt erschütternd häufig vor – die Hälfte der Alleinerziehenden erhält gar keinen Unterhalt, weitere 25% zu wenig oder zu selten welchen.

Es handelt sich nicht um viel Geld, eigentlich ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein: je nach Alter des Kindes zwischen 145 € und 195 € im Monat. Aber wer so wenig Geld hat wie die meisten Alleinerziehenden (die mit 42% die höchste Armutsquote aller Familienformen haben), für den sind auch 50 € viel Geld. Vor allem, wenn man sie nicht hat und die Kinder Schuhe oder Essen brauchen.

Föderalismus als Hemmschuh: kommt der erweiterte Unterhaltsvorschuss doch nicht?

Dass bisher der Unterhaltsvorschuss vom Staat wegfiel, wenn ein Kind 12 Jahre alt wurde oder wenn dieser Zuschuss 6 Jahre lang bezogen wurde, ist absurd und ungerecht.

Nun wollte unsere Familienministerin Manuela Schwesig dies ändern, und sie hat sogar Mehrheiten organisiert – allerdings haben es sich jetzt im letzten Moment die CDU und FDP noch anders überlegt, und die Gründe, die sie dafür anführen, sind hier nachzulesen. Kurz gefasst lauten sie: zu teuer, nicht so schnell machbar, wird zu sehr nachgefragt werden (Merkt Ihr selbst, oder!? Das zeigt nämlich, wie dringend diese Änderung nötig ist!)

Ich zitiere aus dem Stopp-Antrag aus NRW (Absätze zwecks besserer Lesbarkeit von mir eingefügt):

Nordrhein-Westfalen muss im Bundesrat den drohenden Kommunalkollapsdurch  die geplanten Änderungen des Unterhaltsvorschussgesetzes verhindern

Diese Kosten werden nach § 8 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz zu einem Drittel durch den Bund und zu zwei Dritteln durch die Länder getragen. Die Länder haben die Möglichkeit, ihre Kosten anteilig an die Kommunen weiterzugeben. Das Land Nordrhein-Westfalen reicht gemäß dem Gesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes aktuell 80 Prozent seiner zu tragenden Kosten an die Kommunen weiter.

Nordrhein-Westfalen liegt damit bundesweit an der Spitze der Kostenweiterleitung an die kommunale Familie. Die Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Brandenburg übernehmen die Kosten in voller Höhe und belasten die Kommunen nicht. Unsere Nachbarbundesländer Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz überwälzen die Lasten in einem deutlich geringeren Umfang als es das Land Nordrhein-Westfalen macht. Im Bundesdurchschnitt beteiligen sich die Kommunen mit etwa 24,5% an den Landesgesamtaufwendungen.

Die Kommunen haben zwar das Recht, das Geld von zahlungssäumigen Elternteilen zurückzufordern. Jedoch gelingt dies aktuell nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen nur in 20 Prozent der Fälle.

In 80 Prozent der Fälle bleiben die Kommunen damit de facto auf den Kosten der Unterhaltsvorschusszahlungen sitzen. Alleine durch die zu erwartende Verdoppelung der Fallzahlen würden die nordrhein-westfälischen Kommunen finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen stemmen müssen.

Wenn man etwas wirklich zügig einführen will, dann klappt das auch. Und vielleicht sollten wir sowieso mal grundsätzlich überlegen, ob unser Familienquersubventionierungs-System nicht völlig unübersichtlich und inpraktikabel geworden ist. Denn der Knackpunkt bei dieser Reform, die den Alleinerziehenden und ihren Kindern sehr helfen würde, ist dass – mal wieder- niemand das Ganze bezahlen möchte.

Dank Föderalismus ist es nämlich so, dass manche Kommunen 80% der Unterhaltsvorschusskosten vom Land erstattet bekommen, andere aber auf den kompletten Kosten sitzenbleiben. Kein Wunder, dass die Städte da über den Städtetag um Hilfe rufen. Und dass es Mehrkosten in der Verwaltung verursacht, wenn man auf einmal ein bis zu 3faches Aufkommen an Anträgen zu bearbeiten hat, ist irgendwie auch logisch.

Viele träumen davon, raus aus Hartz IV zu kommen

Aber dafür können die Alleinerziehenden nichts. 38% von ihnen beziehen Hartz IV und fast alle wollen da, entgegen dem Klischee der „sozialen Hängematte“ (die längst keine mehr ist!) raus. Jede Dritte Alleinerziehende in Hartz IV ist Aufstockerin, arbeitet also, verdient aber nicht genug Geld für sich und ihr Kind. Und das, obwohl 78% der Alleinerziehenden eine gute bis sehr gute Ausbildung haben (auch hier wieder gegen das Klischee!).

Und wenn nun diese Frauen dank erweitertem Unterhaltsvorschuss hoffen, endlich aus dem Hartz-IV Bezug herauszukommen, oder ein bisschen besser schlafen zu können, weil sie wissen, dass ihnen 145-194 € im Monat fürs Kind sicher sind, obwohl der Vater nicht zahlt, dann sollte dies nicht an Parteiengeplänkel und Profilierungsversuchen scheitern. Es wird Möglichkeiten geben, diese Gesetzesänderung umzusetzen. Wenn andere Dinge schnell geändert werden sollen, geht es ja auch.

Petition #UVjetzt als Gemeinschaftsprojekt von VAMV und Bloggerinnen

Und deswegen haben sich der VAMV Bundesverband, der VAMV NRW, Alexandra Widmer, Rona Duwe und ich uns zusammengeschlossen und eine Petition auf die Beine gestellt, die schon 2.000 Leute unterschrieben haben, obwohl sie heute erst online ging. Wir fordern die Politiker auf, sich für die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses wie geplant ab dem 01.01.2017 einzusetzen. Und je mehr von euch unterschreiben, desto eher werden wir erhört! Bitte macht also mit und teilt die Kampagne.

Auf die Straße zu gehen, haben wir ja kaum Zeit. Aber 2 Klicks und euer Engagement, das geht, oder? Auch, wenn Ihr nicht Alleinerziehend seid – es geht hier um viele Kinder. 1 Mio Kinder von Alleinerziehenden, die in Armut leben, und dies über Jahre. Das muss und darf nicht sein!

Hier geht’s zur Petition:

#uvjetzt

Nachtrag vom 4.12.2016: Die Tagesschau berichtet, dass 226.000 Kinder aus SGB II Bezug kommen würden durch diese Reform. Das ist jedes Vierte der 1 Mio Kinder von Alleinerziehenden, die in Armut leben.