Irgendwas hängt da gewaltig schief.
Wenn es dem Kindeswohl entsprechen kann, dass ein Kind im Wechselmodell von beiden Elternteilen betreut wird, selbst wenn ein Elternteil strikt gegen das Wechselmodell ist, dann müsste es doch auch möglich sein, eben jenes Wechselmodell gegen den Willen des unwilligen Elternteils einzuklagen? Desjenigen, der sich vor der Betreuung drücken will?
Was ich meine, ist folgender Fall: ein Paar mit gemeinsamem Sorgerecht trennt sich, aber keiner möchte das Kind klassisch alleine großziehen und betreuen, und ein bisschen Wochenendumgang reicht nicht aus, um den eigenen Beruf weiter ausüben zu können, geschweige denn Hobbys.
Bisher ist es so, dass derjenige Elternteil, der das Kind vor der Trennung am meisten betreute (Stundenumfang), das Aufenthaltsbestimmungsrecht bekam (was aber besser klingt, als es ist, denn dieser Elternteil darf fortan nur noch mit Zustimmung des anderen Elternteils umziehen – als Begründung dient das Kindeswohl. Wohingegen der nicht betreuende Elternteil umziehen darf, wie er lustig ist, und das auch 1000 km weit weg). Meist ist dies die Mutter, ob sie es will oder nicht.
Hat der Vater keine Lust, seine Kinder zu sehen, kann die betreuende Mutter nicht viel tun – ein Prozess zur Regelung des Umgangs vor dem Familiengericht ist möglich (ich habe ihn geführt), aber kein Richter zwingt Väter, ihre Kinder zu sehen. Das Kindeswohl, Sie wissen schon.
Wie es dem Kindeswohl dienen soll, wenn es eine abgearbeitete Mutter hat, die rund ums Jahr alleine für das Kind zuständig ist und in Armut lebt (50% der Alleinerziehenden erhalten keinen Unterhalt, wir erinnern uns. Und weitere 25% bekommen ihn nur unregelmäßig oder in zu geringer Höhe), beantwortet uns der Gesetzgeber nicht.
Und wie ein Kind in Frieden aufwachsen soll, wenn das Wechselmodell gegen den Willen der Mutter angeordnet wird, und wenn es wie im gestern verhandelten Fall trotz des Alters von 13 Jahren nicht einmal angehört wird, ist mir auch schleierhaft. (Fairerweise muss man sagen, dass die Richter dies auch bemängelten. Aber ich verstehe nicht, warum sie dann nicht darauf bestanden, das Kind zu hören. Vielleicht, weil es „nur“ um eine Grundsatzfrage ging, und nicht um den konkreten Fall?)
Wenn wir schon absurde Dinge per Gesetz zur Normalität machen, dann finde ich, könnten wir auch dazu übergehen, unwillige Väter dazu zu zwingen, das Wechselmodell auszuüben. Ob sie nun wollen oder nicht. Das dient dann auch dem Kindeswohl. Na gut, vielleicht nicht. Aber zumindest wäre dann die Schieflage behoben. Es kann doch nicht sein, dass Kinder zum Umgang mit dem Vater gezwungen werden, selbst wenn sie das nicht wollen, und dass Väter ein Wechselmodell erzwingen können, sie selbst aber zu gar nichts gezwungen werden können, nicht einmal per Gericht!? Und dass Kinder nicht das Recht haben, den Umgang mit dem Vater einzuklagen? Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?
Disclaimer: In der Überschrift steht „Papa“, weil 90% der Alleinerziehenden Frauen sind. Nicht, weil es nicht auch Frauen gäbe, die sich drücken würden.