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Dieses Haus stand früher in einem anderen Land

Es ist eines der wenigen noch unrenovierten Häuser in Mitte, das Haus in der Brunnenstraße nahe Rosenthaler Platz. Bald werden auch dort Zugereiste einziehen, die nicht berlinern, und vielleicht das Gefühl haben, eigentlich sei in Berlin-Mitte alles wie zuhause in München, Stuttgart oder Hamburg, nur größer.

Aber in Berlin-Mitte war alles anders, noch in den 90ern. „Dieses Haus stand früher in einem anderen Land“, hat jemand in riesigen Lettern auf das Haus geschrieben. Und oben, in kleinerer Schrift, steht „Menschlicher Wille kann alles versetzen“.

Man sieht links unten ein U-Bahn-Schild, und die Beschriftung „U Rosenthaler Platz“. Das war ein besonderes Haus, ein Haus, das den Eingang zur U-Bahn bot. Der Eingang ist nun verrammelt und wird nicht mehr genutzt.

Viele Male bin ich dort ein- und ausgegangen, roch den schwarzstaubigen Geruch der U-Bahn, marschierte durch Windboen warmer Luftzüge, die von den unterirdischen Gleisen die Treppen hochwehen, wich Betrunkenen und Pennern aus. Die übelriechenden, bettelnden Obdachlosen gibt es noch dort, aber ansonsten hat sich alles verändert auf den Straßen von Mitte.

Wo vor 20 Jahren noch ein Hindernisparcours aus Hundekot die Gehwege säumte, liegt nun nicht mal eine leere Schachtel Zigaretten auf den Steinplatten, die den Berliner Fußweg im Ostteil ausmachen. Die Trinkhallen sind Coffeeshops, Galerien und zahlreichen Näh-Werkstätten gewichen, und mit Knopf im Ohr telefonierende junge Männer tragen Babys in Tragetüchern vor sich her. Und an den Fußgängerampeln warten die Passanten nun, bis es grün wird – das war früher völlig unüblich.

In dem anderen Land, dessen Spuren ich noch sah, als ich 1994 nach Berlin-Mitte zog, lehnten sich die ursprünglichen Einwohner mit einem Kissen unter den Armen über ihre Fensterbank und schauten stundenlang auf die Straße, weil sie ferngucken nicht gewohnt waren, und das für ein normaler Zeitvertreib für sie war. Als Zugereister war mir anfangs sehr unbehaglich dabei, wenn ich durch die Anklamerstraße ging, wo ich wohnte, bis ich herausfand, dass sich dieser Zustand durch freundliches Zunicken bessert.

Also grüßte ich fortan, und da ich der einzige Wessi in der Straße war, nahm man das wohlwollend zur Kenntnis.

Das Haus in der Anklamerstr. 11, Nähe Bernauer Straße, in dem meine 1-Zmmer-Wohnung im Hinterhaus war, ist eines der ersten gewesen, die renoviert wurden, und sieht heute schon wieder etwas schäbig aus: Der einst strahlend weiße Putz ist schmutziggrau, und die Straße selbst ist gesäumt von Autos der mittleren bis gehobenen Preisklasse. Damals, 1994, fuhr hier so gut wie niemand Auto, auch ich nicht, ich nutzte mein Fahrrad, das auf dem holprigen Kopfsteinpflaster der Straße ganz schön durchgerüttelt wurde.

Die Telefonzelle am Eck Anklamer/Brunnenstraße, von der aus ich Freitags abends Telefonate mit der Familie und auch Freunden führte, um mich zu verabreden, steht nicht mehr. Dort reihte man sich geduldig ein, niemand gab dem anderen das Gefühl, sich beim Telefonieren kurz fassen zu müssen, denn alle hatten dasselbe Anliegen, und Zeit dafür mitgebracht. Telefonleitungen gab es damals noch nicht, und das erste Handy, das ich mir 1995 zulegte, schaltete ich wegen der 2 Stunden Akkuzeit (im Standby!) bei einen Minutenpreis von 1,98 DM nur im Notfall ein. In der Uni, wo ich arbeitete, hatten wir E-Mail, und die nutzte ich ebenso rege wie die Möglichkeit, mich dort im Büro anrufen zu lassen – es war also durchaus auszuhalten ohne Telefon im Haus.


1997 zog ich in die Zionskirchstraße 36, direkt gegenüber vom Eingang der Kirche, und wohnte im Hochparterre. Auch dieses Haus war eines der ersten am gesamten Platz (wenn nicht gar das erste), das renoviert wurde, und macht heute einen etwas heruntergekommenen Eindruck. Die Magie des Platzes ist aber noch vorhanden, wenn auch er recht gediegen wirkt mittlerweile, denn hier tummeln sich ebenso überall Eltern mit Kleinkindern wie im nahegelegenen Park am Weinberg.

„Dieses komplette Viertel stand früher in einer anderen Stadt“, so fühlt sich das für mich an. Die Strukturen sind noch erkennbar, vieles ist im klassischen Sinne „schöner“ gestaltet als früher, aber der Zauber von Berlin-Mitte scheint weitergezogen. Vielleicht wohnt er nun in Kreuzberg oder Neukölln, wo die Touristen und die Neuberliner nicht so dominant sind.

Aber so ist das mit trendigen Gebieten: Auch die Gegend, in der ich jetzt wohne, die voller Baustellen und Umbruch ist, wird irgendwann gutbürgerlich sein, denke ich. Städte wandeln sich, Menschen ziehen weiter, das Leben ist Veränderung. Und sobald der Trend die Masse erreicht hat, ist er naturgemäß schon Vergangenheit.

 

Linktipps innerhalb des Blogs:

Leben auf der Baustelle

Fotos aus den 90ern auf Mama arbeitets Facebookseite

Anklamerstr.-11-Hof-1996

 

Linktipps zum Hintergrund:

Gentrifizierung auf wikipedia

Wikipedia über Jean Remy von Matt, der den Schriftzug auf dem Haus anbringen ließ, und offenbar – Ironie des Schicksals – auf Blogger herabsah. Zumindest damals, 2009.

TAZ vom 26.11.2009 über die Brunnenstr. 10 und die Beschriftung

Nachruf auf Mike – und mich

Es war einmal ein Mädchen, das in der Stadt lebte, aber vom Dorf kam. Sein Herz war schwer angeknackst, aber das sollte keiner merken. Und so steckte das Mädchen viel Energie in ihr Studium, und zog nachts um die Häuser. Eines nachts – es war Silvester – fand sie sich im Keller eines Clubs neben einem Jungen sitzen, der ihr gefiel. Sie kannte ihn aus dem kleinen Dorf, er hatte kurz in einem Haus in der Nähe ihrer Eltern gewohnt, mit seinem großen Bruder und dessen wesentlich älterer Freundin, über die sich das Dorf das Maul zerriss.

Die beiden, das Mädchen mit dem angeknacksten Herzen, und der Junge, kamen ins Gespräch. Sie mochten sich. Und es begab sich, dass die zwei eine Nacht miteinander verbrachten, in der sie nicht schliefen, sondern die ganze Zeit miteinander redeten, bis die Sonne aufging, und das war, als hätten sie einen Tunnel durchquert und sähen das Licht. Sie fühlten sich zusammengehörig. Ihre Kleider legten die beiden dafür nicht ab, und sie rieben auch ihre Körper nicht aneinander, sondern ihre Seelen, und das erzeugte ein Bauchkribbeln, das stärker war als sogar die Verletzungen, die beide in sich trugen. Sie waren nun aneinander gebunden und blieben es für vier Jahre, in denen sie sich innig liebten, stritten, trennten, versöhnten, nebeneinander aufwachten und einschliefen, und oft dachten, dass ihre Kraft schwindet, weil sie so sehr damit beschäftigt waren, ihre Liebe im Zaum zu halten. Manchmal hassten sie sich mit der Inbrunst, mit der sie sich liebten, und das war fürchterlich.

Sie erzählten sich alles, wie sie es wahrscheinlich nie vorher und niemals nach dieser Liebe mit einem anderen Menschen getan hatten. Er erzählte von seinem Vater, seinem Bruder und seiner Mutter, und sie tat es ihm gleich. „Wir zwei gegen den Rest der Welt“, das war ihre Seifenblase, die schön und auch gefährlich schillerte.

Aber ihre Liebe stand unter einem ungünstigen Stern. Sie hatten beide zu viel Gepäck dabei, als dass sie hätten glücklich zusammen alt werden können. Sie pflegte Misstöne in der Beziehung damit zu beantworten, anderen Männern schöne Augen zu machen, und er hatte Laster, die sie als Süchte bezeichnete. Obendrein hatte sie eine anhaltende Schwäche für seinen Bruder, mit dem sie schon als Teenager über den Thresen des Campingkiosks, wo sie einen Ferienjob gehabt hatte, geflirtet hatte. Ein schlechtes Gewissen kannte sie nicht damals, sie fühlte sich als Getriebene, so wie ihr Liebster das auch tat, und auch darin waren sie geeint.

Je mehr sie sich in ihre Beziehung verstrickten, desto enger wurde ihre Bindung. Aber sie litten, und sie sahen, dass sie in einer Abwärtsspirale waren. Und so kam es, dass die beiden eines Tages im Herbst beieinandersaßen und viele Stunden weinten, weil sie sich trennten, und das beide so wollten, weil es keinen anderen Weg gab.

Das Mädchen zog in eine andere Stadt, noch am selben Tag. Diese Stadt war weit weg und richtig groß, und sie fühlte sich sehr allein. Sie war krank vor Traurigkeit, und sie zweifelte am Leben. Manchmal trafen sich die beiden noch, wenn das Mädchen seine Eltern im Dorf besuchte, und sie kamen sich fremd vor, was irgendwie beruhigend war. Vielleicht sollte aber auch nur keiner sehen, nicht einmal sie selbst, wie es in ihnen aussah?

Einige Jahre später traf das Mädchen einen anderen Jungen in der richtig großen Stadt. Der kam ihr vor wie der Junge aus dem Dorf, den sie geliebt hatte, nur gesünder. Sie war vorsichtig und wartete viele Nächte, bis sie die Morgensonne mit ihm aufgehen sah, und sie dachte an ihren Vorsatz „Wenn ich einen kennenlerne, der so ist wie der Junge, den ich liebte, aber gesellschaftlich funktioniert, dann heirate ich den“. Dieser Satz sollte ihr Unheil werden. Denn sie heiratete den anderen Jungen und bekam Kinder mit ihm. Als das dritte Kind zur Welt kam, zeigte ihr der andere Junge, den sie geheiratet hatte, sehr deutlich, dass er nicht gesünder war, sondern gefährlich. Und sie lebte fortan alleine mit ihren Kindern.

mike-mit-schulzi-Mai-93Oft träumte sie von dem Jungen vom Dorf, den sie geliebt hatte. Er tauchte immer wieder auf. Eines Nachts nahm er sie im Traum in den Arm und alles war gut, auch, weil der Bruder am Steuer war, der das Schiff durch die stürmische See steuerte, bevor es in den sicheren Hafen kam. Kurz darauf erhielt sie einen Anruf, es war der Bruder, den sie 15 Jahre nicht mehr gesprochen hatte, und er hatte kaum seinen Namen gesagt, da entfuhr es ihr schon: „Ist er tot?“. Woher sie das wisse, wollte der Bruder wissen, aber sie hatte es ja gar nicht gewusst, sie hatte nur 18 Jahre auf diesen Anruf gewartet.

Dann fuhr sie zur Trauerfeier und hatte Angst. Sie fürchtete sich davor, diesen Abschied zu nehmen, der unausweichlich war, weil dem Jungen vom Dorf eigenlich nur sein Körper in den Tod gefolgt war, und trotzdem weinte sie bitterlich in der letzten Reihe unter den wenigen Trauergästen. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, und sie fühlte sich wie ein Klageweib, das schreien müsste, und sich rhythmisch wiegen, um ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen, aber so etwas tat man nicht in ihrem Kulturkreis, sie besann sich, und stolperte als Vorletzte aus dem Trauersaal, lange nach den Verwandten, ans grelle Sonnenlicht, um sich dem ebenfalls trauernden Bruder in die Arme zu werfen, der sie angerufen hatte, weil dieser Bruder als einziger – umständehalber – schon immer verstanden hatte, wie groß diese Liebe gewesen war.

Sie kam sich vor wie eine Witwe.

Aber das Leben geht weiter. Die Clique von damals fuhr in eine Kneipe und saß zusammen bei alkoholfreiem Bier (für die taffen Frauen), Pils (für die Männer) Cola und Milchkaffee (für die anderen), erzählte von ihren Kindern, ein bisschen von früher, und sie lachten, weil es schön war, noch einmal zusammenzusitzen.

Sie fuhr nach Hause, wo ihre Kinder bei ihren Eltern warteten, in dem Dorf, in dem alles angefangen hatte. Und sie fühlte sich frei.

P.S.: Als sie in die große Stadt gezogen war, begann er zu schreiben, und hörte nie mehr damit auf. Er schrieb dasselbe Buch in unendlichen Variationen und Verbesserungen.

„Eine derbe Sehnsucht, gespeist aus einem unbändigen Durchhaltevermögen, veranlasste ihn dazu, seine zeitweise sekündlich zuklappenden Lider geöffnet zu halten, um mit einem glasigen Blick etwas Erstrebenswertes einzufangen.“

Mike

Gedächtnis-Homepage für Mike, vom Bruder.

Ohrlöcher bei Kindern – strafbar?

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In erster Linie finde ich es geschmacklos, Kleinkindern oder gar Babys Ohrlöcher stechen zu lassen. Und obendrein meine ich auch, dass es sich um einen Straftatbestand handeln kann, der dem Kindeswohl widerspricht, genauso, wie ich das bei religiös motivierten Beschneidungen sehe. Die F.A.Z. schrieb kürzlich, dass in einem Staat, in dem eine Ohrfeige und ein Klaps auf den Po grundgesetzwidrig sind, die Frage gestellt werden müsse, ob so ein Eingriff die Rechte des Kindes verletze, und ich stimme dem voll und ganz zu.

Das Stechen von Ohrlöchern tut (mal mehr, mal weniger) weh und hat relativ häufig eine Entzündung zur Folge, besonders bei Kindern, weil der Ohrknorpelanteil hoch ist, und weil beim Spielen Schmutz in die Wunde kommen kann oder Verletzungen entstehen. Und so hat sich der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte gerade dafür ausgesprochen, eine Altersgrenze für das Ohrlochstechen einzuführen – das halte ich für sinnvoll. Ob sie bei 14 Jahren liegen muss, darüber kann man reden: Ich meine, das kommt auch auf das Kind an.

Meine Tochter zum Beispiel wird jetzt 12 Jahre alt, und nachdem sie mich zwei Jahre lang bequatscht hat, dass sie gerne Ohrringe tragen möchte, habe ich es ihr nun erlaubt. Nicht ohne ihr ungeschönt zu erzählen, dass mir das Stechen meines ersten Ohrlochs, als ich 16 Jahre alt war, ordentlich wehgetan hat (das zweite folgte erst bei einem Aufenthalt in London, als ich 22 Jahre alt war – ich fand’s schick, nur einen Ohrring zu tragen ;)), und dass ich danach wochenlang mit einer eitrigen Infektion zu kämpfen hatte, was sehr unangenehm war.

Kleine Kinder oder gar Babys können so eine Entscheidung nicht treffen, und insofern müssen die Eltern entweder verantwortungsbewusst handeln oder, besser noch, der Gesetzgeber eine Vorgabe machen. Deswegen ist der Vorschlag der Kinderärzte eine gute Sache.

Linktipps: Ab wann dürfen Kinder Ohrringe tragen? Artikel mit vielen medizinischen Infos auf der liliput-lounge

Mamablog des Schweizer Tagesanzeigers vom 16.09.2012: Körperverletzung aus optischen Gründen

Kinderbücher und Trennung

Ich habe gerade eine Geschichte verfälscht. Meine Jüngste (3) schleppte ein Kinderbuch aus meinem reichhaltigen Fundus an Büchern an, das „“Ein toller Tag auf der Baustelle“ heißt. Soweit sehr passend, denn wir leben ja auf der Baustelle.

Und dann kam gleich auf der ersten Seite der Satz „Heute fahren Mama und Papa zur Baustelle.“ Ich las „Heute fährt Mama zur Baustelle“, und verfremdete den ganzen Rest des Buches auch so, dass kein Papa vorkommt.

Denn der Papa ist ein genderideologisch beladenes Problem in deutschen Kinderbüchern, und auch im Fernsehen – von Caillou bis zu Lauras Stern, überall gucken meinen Kindern glückliche Familien mit kleinen Differenzen entgegen, die sich schnell in Luft auflösen.

Nicht einmal in der offiziellen Trennungsliteratur für Kleinkinder – ich habe sie alle gekauft – wird auch nur halbwegs adäquat eine Familie gespiegelt, wie wir sie leben. Es mag kurzen Streit geben, die Mama weint ganz doll, und der Papa zieht aus – aber am Ende haben sich alle ganz gern und essen Eis miteinander. Es haben auch nicht alle getrennten Kinder ein schönes zweites Kinderzimmer beim Vater, wie etliche Bilderbücher suggerieren. Da könnte ich, entschuldigt die Wortwahl, kotzen. So ein Buch müsste den Titel „Wir wohnen jetzt mit Mama woanders“ tragen, oder „Mama mag nicht mehr mit Papa wohnen.“

In meinem Wohnblock kenne ich innerhalb von 5 Metern Luftlinie 3 Frauen, die alleinerziehend sind, wo der Papa sich nicht so vorbildlich verhält wie in diesen Büchern geschrieben. Den Papa sehen die Kinder auch nicht am Wochenende, wie einem die Trennungsbücher erzählen, sondern unregelmäßig.

In keinem der Trennungsbücher, die ich kenne, trennt sich die Frau von dem Ehemann, obwohl das statistisch die Regel ist, und stets beteuern alle Protagonisten, dass sich durch die Trennung der Eltern an der Beziehung zu den Kindern nichts ändert.

Klingt toll, ist aber nicht so. De facto verlieren innerhalb eines Jahres nach der Trennung viele der Kinder den Kontakt zum Vater. Pustekuchen mit alle haben sich lieb, obwohl sie woanders wohnen. Das einzige Buch, das ich kenne, das ein realistisches und positives Bild von Alleinerziehenden vermittelt, ist „Lotte will Prinzessin sein“ von Doris Dörrie. Da kommt der Papa erst gar nicht vor, und den beiden Mädels geht es gut. Ich überlege gerade angestrengt, wer mir das geschenkt hat. Es steht schon lange bei uns im Bücherregal, definitiv bevor der Sohn 2006 zur Welt kam. Irgendjemand ahnte wohl, dass meine Tochter und ich alleine besser dran sind. Anna, warst du das?

Nachtrag, Juli 2014:

Dank eines Kommentars hier wurde ich auf das 2013 erschienene Bilderbuch „Julian und die Wutsteine“ aufmerksam. Geschrieben hat es Marion von Vlahovits, und es ist das bisher beste Buch, das ich zum Thema „Nicht einvernehmliche Trennung und Riesenschlamassel“ gesehen habe.

Meine Jüngste, die jetzt 5 ist, bittet mich seit Tagen immer wieder, dieses Buch noch einmal vorzulesen. Es hat eine ausdrucksstarke Bildersprache, die meine Tochter vollkommen in den Bann zieht, und genau wie es im Nachwort der Autorin und der Illustratorin im Buch beschrieben wurde, zum Nachdenken und Reden einlädt.

Ich finde das kindliche Unglück sehr gut dargestellt in diesem Buch, die Einsamkeit und eben diese große Wut, die sich als Schuldgefühl beim Kind gegen sich selbst richten kann und bei dem Protagonisten Julian dazu führt, dass ihm das Herz wehtut. Der Knoten löst sich, als eine ältere Nachbarin die Not des Kindes sieht und es mittels ihres Hundes schafft, den Jungen zu erreichen. Das ist mein Lieblingssatz im Buch: „Sie hatte keine Angst vor Julian. Sie hatte Angst um Julian.“ Am Ende des Buchs ist zwar alles wieder gut, aber nur auf Julians Ebene.

Es wird nicht vermittelt, dass sich die Eltern vertragen hätten, sondern nur die Gefühlswelt des Jungen betrachtet. Von solchen Trennungsbüchern hätte ich gerne noch ein paar. Es ist, wie Autorin Vlahovits im Nachwort schreibt, ein Buch für Kinder, deren Eltern eben nicht nach der Trennung gemeinsam für das Kind weiterhin da sind. Und davon gibt es leider ziemlich viele.

Ein gutes Bilderbuch für 3 bis 6-Jährige (meine Einschätzung), das ich wirklich empfehlen kann.

Linktipps:

Bloggerin Frau Kreis über „Wie heil muss die (Kinder)welt sein?“

Bloggerin mamahatjetztkeinezeit über Kästners unheile Kinderwelt

beides Reaktionen auf diesen Blogpost

Leben auf der Baustelle – Impressionen

Fenster putzen lohnt sich nicht bei uns – rundum wird kräftig gebaut, wir wohnen im Nachverdichtungsviertel „Neue Mitte Petershausen“ in Konstanz. Da entstehen in einer Straße 700 Wohnungen, was für eine Stadt von 80.000 Einwohnern (inklusive diverser Vororte) echt eine Menge ist.

Staub und Baulärm sind unser täglich Brot, aber mich stört das nicht, weil ich auf einer Dauerbaustelle groß wurde und immer noch, obwohl längst erwachsen, das Gefühl habe, mich auf einem Abenteuerspielplatz zu befinden.

Ich habe oft an Orten gewohnt, die Entwicklungsland waren. Der Zionskirchplatz in Berlin Mitte hatte 1996 einen Zauber, der mich anzog. Ganz Mitte war ein nahezu mystischer Ort damals (der Hackesche Markt und die Auguststraße insbesondere), St. Georg in Hamburg im Jahr 2000 mehr als schäbig, und dieses neue Wohnviertel hier ist auch wie ein Dornröschen, das gerade aufwacht.

Aber so langsam wünsche ich mir, dass die Bauzäune verschwinden, die Rasenfläche im begrünten Innenhof für die Kinder bespielbar wird, und ich auf etwas anderes als Europaletten und Mülltonnen gucke.

Das fällt mir heute besonders auf, weil so ein perfekter Tag war. Ein Tag, wie ich ihn liebe und gerne 365 Tage im Jahr hätte: sommerlich warm, blauer Himmel, eine gewisse Leichtigkeit in der Luft. Mit Staub der Baustelle ein bisschen beschwert.

Die Bloggerin putzt seit Wochen nicht mehr, weil sie a) sofort wieder einstaubt und b) nicht laufen konnte. Aber irgendwann, bald, kehrt hier Normalität ein. Dann ist es wahrscheinlich Zeit für sie, weiterzuziehen….

Linktipp innerhalb des Blogs:

Mama ist krank – und nun!?

Dieses Haus stand früher in einem anderen Land (Blogpost über Berlin-Mitte)

Umzug mit Katze – Tipps

Wenn man der Sache etwas Zeit gibt, ist ein Umzug mit einer Katze gar kein Problem. Unsere Annika, jetzt knapp 4 Jahre alt, hat sich schon so gut in der Wohnung eingelebt, dass sie nun kurze Ausflüge in meiner Begleitung auf den Balkon wagt, wo sie aufgeregt allerlei fremde Gerüche aufnimmt und die Gegend inspiziert. Sie ist ein sehr scheues Tier, das panische Angst vor allen Männern (bis auf meinen tierlieben Kusin) hat, weil sie diese Spezies für unberechenbar und gefährlicher als Hunde hält. Und so ist sie sehr zufrieden, wenn sie einfach ein bisschen auf die Straße gucken kann :).

Drei Mal bin ich nun schon mit einer Katze umgezogen, und zwar nicht nur mit dieser – Katzen begleiten mein Leben. Fortgelaufen nach dem Umzug ist mir nur eine Katze, um die ich bitterlich geweint habe. Das war, als ich 1999 mit dem Vater der Kinder von Berlin nach Lübeck zog, und wir zusammenzogen. Ich war ein Wochenende verreist, um meine Promotionsurkunde abzuholen, und als ich wiederkam, war meine geliebte Anaïs fort.

Nach einem Umzug eine Freigängerkatze alleine zu lassen ist also ein grober Fehler. Den restlichen Absatz, den ich hier noch dazu schreiben könnte, verkneife ich mir und schlucke noch einmal heftig.

In Berlin war ich bereits mit meiner Katze von der Anklamerstraße 500 Meter weiter an den Zionskirchplatz gezogen, was Anais überhaupt keine Schwierigkeiten machte – sie stromerte nun einfach durch einen anderen Hinterhof. Die Straßenbahnlinien vor der Haustüre bereiteten mir anfangs etwas Sorgen, aber da die Tram mächtig laut quietschte, wenn sie sich näherte, kam meine Katze nie in Gefahr.

Obwohl man ja sagt, Katzen würden Ortswechsel nicht gut verkraften, habe ich gegenteilige Erfahrungen gemacht: Die Berliner Katze reiste sogar mit mir zusammen zu meinen Eltern nach Freiburg, wo sie im Garten des Reihenhauses spazierenging und stets nach Hause fand, obwohl in der Wohnsiedlung dort ein Haus wie das andere aussieht. Wir fuhren bei meinen „Heimaturlauben“ zuerst mit der U-Bahn bis zum Alex, durchquerten dann den Bahnhofmoloch bis hoch zur S-Bahn, und stiegen am Bahnhof Zoo in einen ICE um, wo die Katze 6 Stunden von oben im Gepäcknetz aus ihrem Weidenkörbchen schaute. Was wie Tierquälerei klingt, hat meiner Anaïs nichts ausgemacht; sie wusste, es geht an einen schönen Ort.

Wie schafft man es als Katzenbesitzer, dass das Tier den Umzug gut übersteht? Hier meine Tipps:

  • am Umzugstag mit Essen, Trinken, Kiste und Katzenkorb in ein Zimmer einsperren (Gästebad?), und die Katze erst herausholen, wenn alle fremden Menschen fort sind und der Umzug geschafft ist
  • Die Katze mit dem Bezugsmenschen zusammen in die neue Bleibe bringen, und dem Tier beruhigend zureden
  • In der neuen Wohnung die Katze vorerst auf ein Zimmer beschränken, in dem auch Kiste und Futter stehen
  • Wenn die Katze sich verkriecht, was zu erwarten ist, sie einfach in Ruhe lassen – nach ein paar Stunden oder Tagen wird sie etwas mutiger
  • Vertraute Möbel, Menschen, Geräusche erleichtern das Einleben ungemein. Nicht zu viel Neues auf einmal anschaffen
  • Viel mit der Katze reden, das beruhigt sie
  • Nach frühestens 7-10 Tagen an die frische Luft lassen und stets dabei bleiben, unbedingt mit Möglichkeit zum sofortigen Rückzug an einen sicheren Ort für die Katze (Balkontüre geöffnet!)

Eigentlich ganz simpel, oder? Dann wollen wir mal hoffen, dass die Katze brav auf dem Balkon bleibt und nicht herunterhüpft, um die spannende Baustelle zu erkunden. Denn laut Mietvertrag darf sie das nicht. Hörst du, Annika? Schön auf unseren 90 Quadratmetern bleiben, verstanden!?

No Sports. Oder? Ein Zwiegespräch.

Du solltest mal wieder Sport machen.

Jaaaaa. Ich weiß. Ich habe aber keine Lust.

Jetzt hast du doch aber Zeit dafür! Und außerdem tut dir das gut!

Wie soll mir denn etwas gut tun, wozu ich keine Lust habe? Und gesund bin ich auch, hat doch der Check gerade erst ergeben – nee, ich mag keinen Sport machen.

Schön, dass du gesund bist. Aber glaube bloß nicht, dass das ewig so bleibt. Du wirst 46, da fängt man demnächst an zu rosten, und ungelenkig zu werden.

Ja, das ist mir auch klar. Ich fange ja auch bald wieder an mit dem Sport, bestimmt.

Bald? Wann soll denn das sein? Du hast vor 12 Jahren aufgehört, regelmäßig zu schwimmen, und bist nur sporadisch skaten und ein Mal skifahren gewesen seitdem. Und statt des Fahrrads nimmst du meist das Auto.

Hey, das liegt an den vielen Einkäufen, die ich schleppen muss! Und die Kinder – guck mal, meine Muskeln vom Kinder- und Einkaufstütenschleppen:

Fein. Die sagen aber nichts über deine Kondition und dein Herz-Kreislaufsystem aus. Und dass Sport Stresshormone abbaut, muss ich dir doch nicht erzählen, oder?

Nein, musst du nicht. Aber seitdem ich alleine lebe, habe ich gar keinen Stress mehr!

Pause –

Aber ich seh’s ein. Ich kann mich nicht einerseits beschweren, dass ich zu wenig spüre, und andererseits meinem Körper die Bewegung verweigern. Und kürzlich, als ich Schmetterlinge im Bauch hatte, weil ich fast geflirtet hätte, da hatte ich auch Bewegungsdrang. Es muss da also einen Zusammenhang geben.

Siehst du! Sonst wirst du noch ein Nerd!

Um Himmels Willen. Im Grunde hast du mich ja überzeugt. Aber wie fange ich’s an, das mit dem Sport?

Manchmal kommt der Appetit ja beim Essen. Du solltest einfach mal etwas ausprobieren.

Etwas Altes, das ich schon immer gerne gemacht habe, oder etwas Neues?

Egal. Hauptsache, du fängst damit an.

Na gut. Aber nicht heute. ;)

Angekommen – Impressionen nach dem Umzug

Es lief alles wie am Schnürchen – so einen klasse Umzug hatte ich noch nie. Sogar der Telefon- und Internetanschluss funktionierte bereits am Abend nach dem Einzug (wegen Erstbezugs musste ein Techniker vorbeikommen, das ist ja immer etwas heikel), und ich bin rundum zufrieden. Die Kinder fühlen sich jetzt schon wohl, obwohl sie noch keine Nachbarn zum Spielen getroffen haben, und unsere Katze wagt sich für kleine Ausflüge vorsichtig aus dem Zimmer großen Tochter. Umziehen mit Katze ist ja ein Thema für sich; an dieser Stelle nur so viel: es geht prima, solange die Bezugsmenschen die Ruhe bewahren :).

Das Umzugsunternehmen hat mich mit Strukturiertheit und guter Laune beeindruckt – beides rar unter den rauen Männern, wie ich von den letzten 10 Umzügen als Erwachsene in Erinnerung habe. Die haben tatsächlich mitgedacht beim Ein- und Ausladen, und waren sich nicht zu fein, die Möbel in der neuen Wohnung sinnvoll aufzustellen, bis alles passte. Sogar mein Sorgenkind, der Keller, war ordentlich bestückt mit 7 Doppelregalen und meinen Kellerkisten, als die starken Kerle am Freitag Nachmittag wieder abzogen. Fünf Mal mussten sie fahren mit dem Umzugswagen, bis alles hier war; ich hatte ja mit einem LKW gerechnet, wie ich ihn selbst einmal für einen Umzug von Berlin nach Lübeck gemietet und gefahren hatte (das war aufregend! Ein 7,5-Tonner ist ziemlich groß), aber die Größe spielte auf der kurzen Entfernung zwischen neuer und alter Bleibe gar keine Rolle. Danke, Ali Baba, habt Ihr super gemacht! (Die heißen wirklich so!).

Und nun sitze ich heute erstmalig wieder ganz normal an meinem Tisch und Rechner, und freue mich über den wieder einkehrenden Alltag. Meinen neuen „Bloggerplatz“ habe ich schon gefunden, es ist der Ort mit Aussicht auf die Straße, wo noch viele Lastwagen und Bauarbeiter für buntes Treiben sorgen. Von hier aus habe ich alles im Blick :).

Zwei Dinge, auf die ich stolz bin, will ich Euch noch zeigen, bevor ich meinen Keller weiter in Ordnung bringe: Zum einen meine hübsche Super Light Classic in rot, die ich vor Monaten mal in einem Living-Magazin entdeckte und mir bestellt habe, und dann die gelbe Badezimmerjalousie, die ich eigenhändig angebracht habe. Ich weiß, die Gelbtöne beißen sich ein wenig, nennen wir es Color Blocking, aber da ich im Erdgeschoss direkt vor dem Hauseingang mein Badezimmerfenster habe, musste etwas Blickdichtes her. Und ich habe tatsächlich die Montageanleitung verstanden, obwohl mir so etwas den Schweiß auf die Stirn treibt. Lieber wäre mir eine rein getextete Anleitung als diese modernen Bildchen ohne Worte, wie sie auch Ikea mitliefert…

Die Orchidee im Bad hat mir die Wohnbaugesellschaft verehrt, als Entschuldigung dafür, dass dies hier noch mehr oder weniger eine Baustelle ist. Eine sehr nette Geste – ich hoffe nur, die geht mir nicht auch wieder ein, bei mir wachsen nur Palmen richtig gut. Das regelmäßige, und vor allem mäßige Wässern scheint mir nicht zu liegen ;).

Ach, und die restlichen roten Klatschmohnaufkleber, wie ich sie in der alten Wohnung über dem weißen Sofa hatte, haben einen schönen Platz im Flur gefunden.

Mein kurz aufgeflackerter Impuls, zu flirten, ist übrigens in Umzugskartons und Geschäftigkeit erstickt worden. Arbeit lenkt ab ;). Ob da noch eine kleine Glut glimmt? Ich werde berichten.

Immerhin ist mir aufgefallen, dass mir gar nicht wenige Männer hinterhergucken, seitdem ich mich wieder mit dem Thema Flirten beschäftige. Und eine kluge Freundin schrieb mir, das mit dem Flirten sei wie das Fahrradfahren, das verlerne man nicht. Der Vergleich ist wahrscheinlich ganz gut, denn ähnlich wie beim Radfahren muss man sich einfach trauen. und irgendwann loslegen. Und da ich unglaublich lange, seit 1998 aus der Übung bin, ist es kein Wunder, wenn ich etwas Aufwärmzeit brauche, oder?

Fahrradfahren und Flirten konnte ich früher allerdings ganz gut. Here’s looking at you, kid!

Linktipp innerhalb des Blogs:

Flirten – was bremst mich?!

Impressionen: Am Tag vor dem Umzug

Meine Deadline war 17 Uhr – da endet der Kindergarten und somit meine Ruhe. Und obwohl ich heute noch beim Arbeitsamt war, die Änderungsmitteilung persönlich abgeben, und bei Edeka, um ein leckeres Abendessen zu kaufen, habe ich um 16:50 Uhr tatsächlich alles soweit fertig gehabt für den Umzug.

Ich verrate euch noch eine kleine Meise von mir: Ich habe eine Pünktlichkeitsmacke. Zuspätkommen schaffe ich nicht, selbst wenn ich es willentlich versuche.

Sogar meine Magister- und auch die Doktorarbeit hatte ich jeweils 3 Wochen vor Abgabetermin fix und fertig – das ist etwas, was man unter Studierenden gar nicht erzählen mag, weil der ganze Rest der Welt Abgabetermine mittels Krankschreibungen, Todesfällen und Autounfällen herauszuzögern versucht. Nicht ich. Aber ich falle ja auch aus dem Rahmen ;).

Für meine „überschüssigen“ Möbel (weil ich mich von 190 Quadratmetern auf 90 verkleinere) habe ich eine gute Lösung gefunden: Mir ist eingefallen, dass mein ehemaliges Au-Pair Liz bestimmt Leute kennt, die ein Sofa und Schränke brauchen können. Da wir Facebook-Freunde sind, habe ich ihr vorgestern mitgeteilt, was ich zu verschenken habe, und heute stand sie mit einer entzückenden Freundin, ebenfalls aus Kenia, vor meiner Tür. Die Sachen sind also weg.
Bezeichnend war, wie viel Raum in Form von Kisten meine Kinder in meinem Leben einnehmen: Von den 70 Kisten sind exakt 2 mit „Mama“ beschriftet. Okay, da kommen noch meine Rollgarderobe und meine Bücherkisten dazu, und natürlich gehören die Dinge aus Küche und Bad auch mir, aber Besitz, der nur mein ist, ist rar. Für die Kinder habe ich reichlich Kisten verbraucht…

Besonders platzintensiv ist Playmobil, wenn man es nicht wieder auseinandernehmen will. Da ich diesen Fehler beim letzten Umzug vor knapp 4 Jahren gemacht habe und das Playmobil Pupppenhaus nie wieder so aussah wie vorher, habe ich diesmal das Piratenschiff und die Fähranleger samt Fähre sehr unelegant in Einkaufstaschen untergebracht. Wird den Umzugsleuten nicht schmecken, die wollen ja immer alles in Kisten, aber schließlich bezahle ich die.

Ich bin bereit. Und merke gerade, wie eine riesige Last von mir abfällt, weil ich endlich dieses Haus verlasse, in dem meine Ehe zuende ging. Jedem Ende wohnt ein Zauber inne.

Lintipps innerhalb des Blogs:

Long Train Running – Fernweh

Kinderbetreuung – meine Liste

Musikalischer Linktipp:

Bootsy Collins: I’m Leaving U (youtube)

Umzug: Ich habe die Schlüssel!

Zehn mal werden wir noch wach… die Kinder zählen schon mit, denn sie freuen sich auch auf das neue Zuhause. Morgen Abend werde ich sie zum allerersten Mal mit in die Wohnung nehmen, denn um 18 Uhr wird meine rote Einbauküche angeliefert, die dann am Tag darauf montiert wird. Noch ist die Wohnung ganz leer, aber seit heute 11 Uhr ist sie mein.

Ich habe gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, glaube ich – jedenfalls fühlte es sich so an. Zum vereinbarten Treffpunkt kam nicht der mit mir verabredete Sachbearbeiter der Wohnbaugesellschaft, sondern ein sportlicher junger Projektleiter, der mich kurz aus der Bahn warf, weil ich mich dabei erwischte, zu überlegen wie alt der Mann denn wohl sei und ob er verheiratet ist, was ja bei einer Schlüssel- und Wohnungsübergabe nicht konzentrationsförderlich ist. Ich fühlte mich genötigt, dem netten Herrn zu erklären, warum ich ihn so anstrahlte, nicht dass der denkt, ich flirte mit ihm – sowas tue ich doch nie, ich wüsste ja nicht, mit wem ;), wie ich kürzlich schrieb.

Als wir durch alle Räume gegangen waren, und die Übergabe der Wohnung samt Ablesen der Zähler vorüber war, stand ich ganz alleine und sehr glücklich in der neuen Wohnung. Konkret hätte ich hüpfen und schreien können vor Glück, habe dann aber doch den Zollstock gegriffen und den Grundriss, um die Länge der Gardinenstangen auszumessen und mir zu überlegen, welche meiner Möbel ich wo hinstellen möchte. Es ist nämlich kein Kinderspiel, sich von 190 Quadratmetern auf 90 zu verkleinern, da muss jedes Zimmer optimal ausgenutzt werden. Und vollgestopft soll es auch nicht aussehen bei mir.

Zum Glück habe ich einen der größeren Keller im Haus erwischt, wo ich bequem 7 meiner Holzregale unterbringen kann, und auch die Ski, die Schlitten, die Koffer, und die Rollgarderobe voller Matschhosen und -jacken in allerlei Größen und Fasnachtskostümen für Kinder gut unterkommen werden. Wenn ich all meine Sachen dort untergestellt habe, ist sogar noch Platz für den alten Kühlschrank (Steckdose vorhanden), in dem ich jede Woche 15 Liter Milch verstaue. Fein!

Noch wohnt niemand in dem Haus, soweit ich das sehen kann. Ich bin sowas von gespannt, wer meine Nachbarn werden – insgesamt sind dort im Wohnblock 109 Neubauwohnungen bezugsfertig. Da könnten ein Haufen netter Leute dabeisein.

So komisch das klingt, mittlerweile bin ich ganz froh, dass ich arbeitslos, alleinerziehend und eigenbedarfsgekündigt bin. Auch wenn sich das im Dezember noch gar nicht gut anfühlte, so hat sich nun doch alles zum Guten gewendet. Und was sich an der Jobfront tut, erzähle ich Euch ein anderes Mal – da ist nämlich auch Dynamik drin. :)