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„Die kleinste Familie der Welt“ von Bernadette Conrad

Selbst wenn ich sie nicht zufällig kennen würde, und wenn sie mich nicht gebeten hätte, die Moderation ihrer Buchpremiere in Konstanz zu übernehmen (auch eine Premiere für mich – moderiert habe ich noch nie!), selbst dann wäre ich voll des Lobes für dieses Buch von Bernadette Conrad. Soviel vorweg.

„Die kleinste Familie der Welt. Vom spannenden Leben allein mit Kind“ ist ein weiteres Buch über Alleinerziehende, und zwar eines, das am ehesten in die Gattung literarisches Sachbuch passt, falls es so etwas gibt. Ein ungewöhnliches Buch, denn Bernadette Conrad erzählt zwar viel von sich und ihrer Tochter, aber sie schaut über ihre eigene kleine Familie hinaus, indem sie 8 Alleinerziehendenfamlien, die jeweils aus einem Elternteil und einem Kind bestehen, besucht und portraitiert. Diese Familien sind nicht wahllos ins Buch gekommen, sie haben alle einen Bezug zu Bernadettes Leben, teils auch einen sehr zufälligen, und so zieht sich die Neugierde und der scharfe, gleichzeitig aber warmherzige Blick der Autorin auf die vorgestellten Familien durchs gesamte Buch.

Man merkt, dass Bernadette Conrad sonst Reisereportagen schreibt – nicht nur daran, dass sie Familien in England, den USA und Europa besucht, sondern auch daran, wie sie sich als Reisende, als Gast, in diesen fremden Familien-Mikrokosmos begibt: sensibel, offen und vorurteilsfrei. Alleine das schon ist sehr schön zu lesen, denn natürlich versteht die Autorin ihr Handwerk. Aber dabei bleibt es nicht, sie wird durchaus politisch, teils klingt Empörung durch, und sie hat auch harte Fakten über Alleinerziehende und ihre Nöte ins Buch gepackt.

Die portraitierten Alleinerziehendenfamilien sind sehr unterschiedlich, und damit zeigt Bernadette Conrad die Bandbreite solcher Familien, die in völlig verschiedenen Verhältnissen leben, sich mal mehr und mal weniger schwer tun mit der Situation, aber doch eines gemeinsam haben: die Verantwortung schultert ein Elternteil alleine. Was das mit den Kindern macht, und wie sich das für die Eltern anfühlt, dröselt die Autorin feinfühlig auf, und sie macht sich viele tiefergehende Gedanken, die fast eine kleine Alleinerziehenden-Philosophie ergeben, es geht dabei auch um Rollen in der Familie, Erziehung und Nähe-Distanz Parameter.

Beschönigt wird nichts, wir lesen von Streit, Stress und Schwierigkeiten im Hause Conrad, aber niemals verliert Bernadettte Conrad den Mut, was wirklich schön zu lesen ist. Hier erzählt eine gestandene Frau und Mutter, die sich in den gesellschaftlichen Kontext setzt, und sich nicht scheut, auch unangenehme Dinge anzusprechen.

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Und dass ich selbst auch noch, ganz am Ende, darin vorkomme, ist mir eine große Ehre. Aber wie ich schon sagte, unabhängig von unseren zufällig miteinander lose verwobenen Lebenswegen hätte ich dieses Buch sehr gebannt gelesen und es Euch empfohlen. Kauft es alle, verschenkt es, das ist ein tolles Buch, und möge es noch viele wunderbare Bücher über Alleinerziehende geben!

Bernadette Conrad. Die kleinste Familie der Welt. Vom spannenden Leben allein mit Kind. btb 2016, 350 Seiten für 15,99 €. ISBN ISBN: 978-3-442-75635-3

Leseprobe hier zum Download als pdf