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„Geht alles gar nicht“ von Marc Brost und Heinrich Wefing

Männer, die herumjammern, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern oder einen Orden wollen, wenn sie gelegentlich „babysitten“, ihre eigenen Kinder in die Kita bringen oder nachts aufstehen, sind mir ein Graus, wie der geneigte Leser weiß. Väter, die sich Gedanken über Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Geburtenrückgang in Deutschland und die Verteilung von Rollen innerhalb der Partnerschaft machen, sehe ich jedoch als Verbündete und Vorreiter.

Als ich „Geht alles gar nicht“ von Marc Brost und Heinrich Wefing aufschlug, wusste ich nicht, ob ich am Ende angetan oder wütend sein würde – sowohl Brost als auch Wefing hatte ich in einer Talkshow schon gesehen, beide Männer wirkten eigentlich ganz vernünftig, wenn auch fernab von feministischen Ansichten und keinesfalls Gender-Vorreiter wie der Partner von Stephanie Lohaus, Tobias Scholz, der sich mit seiner Frau die Kindererziehung und den Haushalt im 50-50 Prinzip teilt und darüber gemeinsam mit Lohaus ein Buch geschrieben hat.

Ziemlich gediegen, so also mein erster Eindruck von den Autoren, der via Fernsehen zustande kam. Kann ein Buch über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von zwei Zeit-Redakteuren, die beide schon deutlich über 40 Jahre alt sind, etwas taugen? Bringt uns das weiter?

Ich will es gar nicht so spannend machen – die Antwort ist: ja. Das ist ein gutes Buch, vom Aufbau her, von der Art und Weise, wie es geschrieben ist, aber auch von der Geisteshaltung her. Denn die Autoren wissen um meine Vorbehalte als Leserin, sie nehmen sie an vielen Stellen vorweg, und die Betonung liegt bei ihnen auf dem Fokus, überhaupt miteinander ins Gespräch zu kommen, um gemeinsam die Dinge verändern zu können. Und das finde ich den einzig wahren Ansatz. Es gibt so wenige Kinder in Deutschland, wenn die Eltern nicht zusammenhalten, um politisch und wirtschaftlich etwas zu bewirken, wer soll das für uns tun!?

Auch schreiben die Autoren gleich im Vorwort, dass sie nicht frustriert, sondern verärgert seien. Das passt gut, denn das bin ich auch. Ich strampele mich hier ab, mit Erziehung, Selbstständigkeit und allem drum und dran, und der Staat erklärt hartnäckig, das sei mein individuelles Problem, kein strukturelles. Nein, das stimmt so nicht! „Vielleicht könnte es uns … helfen, wenn wir uns klarmachen, dass es nicht an uns liegt“, lesen wir auf S. 219 – und ja, da stimme ich zu.

Folgerichtig erwähnen Brost und Wefing auch die Alleinerziehenden gleich an mehreren Stellen im Buch, und das nicht nur feigenblattartig. Sie sprechen sogar davon, dass es wahrscheinlich eine Grundsicherung für Kinder brauche, um Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen und eine mutigere, radikalere Familienpolitik (S. 196), dass der Gender Pay Gap Teil unseres Problems ist, und dass in den Chefetagen deutscher Firmen viele denken, es sein nun mal langsam genug getan für die Familienfreundlichkeit der Unternehmen. Ein fataler Irrtum, wie ich gemeinsam mit den Autoren meine.

Frauen, so schreiben Brost und Wefing, hörten überall, sie „müssten sich halt nur ordentlich anstrengen“, wenn sie Familie und Job unter einen Hut bringen wollten. Und ebenso wie Garsoffky/Sembach sprechen die Zeit-Redakteure in ihrem Buch von der „Vereinbarkeitslüge“ bzw. der „Alles ist möglich Lüge“ – hier sind also Mütter und Väter schon auf einer Linie, zumindest auf Autoren-Ebene. Das gibt doch Hoffnung. Oder, wie am Ende von Kapitel 11 steht: „Wenn nun auch wir Väter erleben, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Grunde nicht zu schaffen sind – liegt darin nicht auch eine Chance?“

Marc Brost und Heinrich Wefing. „Geht alles gar nicht. Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können.“ Rowohlt April 2015. 240 Seiten für 16,95 €, 14,99 € als E-Book. ISBN 978-3-498-00415-6