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Nina Massek und Christine Finke über Flunkerei und Wahrheit: Ein Zwiegespräch

Christine Finke: Nina, dein Buch fand ich prima, unterhaltsam, und wie du dir vielleicht denken kannst, auch ein bisschen schräg – denn bei mir wird „Immer schön bei der Wahrheit bleiben, das ist am einfachsten“ praktiziert, auch den Kindern gegenüber. Wie schräg findest du denn meinen Ansatz, Hand aufs Herz?

Nina M. Massek: Nun, Du bist da konsequent und hältst das mit der Wahrheit ja auch im Blog durch. Ich denke, man kann insbesondere noch kleinen Kindern nicht immer die Wahrheit sagen, weil sie diese auch manchmal noch nicht begreifen.

Du scheinst Dich ja mit der Wahrheitsmaxime auch so ein bisschen „frei geschrieben“ zu haben auf dem Blog, ich kann mir vorstellen, dass das gut tut. Aber wahrscheinlich irritiert man die Leute auch, oder?

Wenn Du mir sagst, dass Dir mein Buch gefallen hat, glaube ich Dir das aufs Wort. Wahrheit kann verletzend sein, schafft aber auch Sicherheit und Vertrauen. Ich bin übrigens auch nicht 24/7 am flunkern. So ist es ja auch nicht…

Christine: Ja, das schreibst du ja auch am Anfang, dass es natürlich zugespitzt ist und nicht unbedingt für bare Münze zu nehmen. Und du hast Recht, ich habe mich irgendwo freigeschrieben, das ging dann vom Blog ins Leben über. Oder war es umkehrt?

Irritierend ist die Wahrheit oft, und ich stimme dir zu, dass man Erwachsenenwahrheiten nicht 1:1 Kindern an den Kopf werfen sollte. Das kann sie überfordern. Also geht es vielleicht für Eltern darum, sich bewusst zu sein, wann sie kindgerechte Wahrheiten erzählen, und wann sie flunkern? Die Grenze kann fließend sein, oder? (Speziell, wenn man viel Fantasie hat!)

Nina M. Massek: Ja natürlich. Ich würde meine Kinder nie bei den wichtigen Dingen des Lebens anlügen. Krankheit, Tod, Trennungen. Da wurde ich als Kind angelogen und das habe ich nie verziehen. Ich finde man kann aber sagen: „Der Bäcker hat zu“ wenn, man jetzt mal keine Schokobrötchen kaufen will.

Eigentlich geht es in meinem Buch auch darum, dass man die hehre Erziehung auch nicht so bierernst nehmen soll. Immer nach dem Lehrbuch, immer nur Bio-Kochen, immer alles perfekt. Das geht nicht und das muss auch gar nicht so sein.

Nina M. Massek
Anne Kreuz Fotografie: Nina Massek

 

Christine: Finde ich auch bei anderen völlig in Ordnung – ich glaube, ich könnte das aber gar nicht. Für mich ist es einfacher, wenn ich sage „Ich möchte jetzt nicht zum Bäcker.“ Und das ist möglicherweise gar nicht geschickt oder pädagogisch klug, sondern platt authentisch. Also auch nicht perfekt. Ich kann dir jetzt auch sagen, was ich an deinem Buch mag: Dass es, genau wie du schreibst, nicht darum geht, sich so ernst zu nehmen, und es sich nicht so schwer zu machen. Trifft es das?

Nina M. Massek: Ja, das trifft es! Bei so vielen Situationen läuft das (Familien)-Leben nicht glatt oder perfekt und trotzdem ist es schön und man liebt sich. Das mit dem Bäcker würde ich meinem fast zehnjährigen Sohn auch so sagen, aber bei meiner Tochter, die SEHHHHR willensstark ist, muss momentan noch eine Flunkerei her…..Gibt es bei Deinen ehrlichen Ansagen mit Deinen Kindern denn dann endlose Diskussionen?

Christine: Je nach Kind unterschiedlich. Die willensstarke Tochter schluckt meine Ansagen nicht ohne Protest. Aber die würde sich auch vor Wut auf den Boden schmeißen, wenn ich sage, der Bäcker hat zu. Also ist die Auswirkung dieselbe, da kann ich auch gleich bei der Wahrheit bleiben.

Ach, und eine Sache beichte ich dir und den Lesern an dieser Stelle noch: Wenn meine Große misstrauisch an mir schnüffelt und fragt, ob ich etwa geraucht hätte, lautet meine Antwort immer: „Nein!“ (Weil sie mir damit droht, dass sie dann selbst mit dem Rauchen anfängt. Und das geht natürlich nicht.) Ich bin also auch kein reiner Wahrheitsapostel.

Vielen Dank für deine Antworten und noch viel Erfolg mit dem Buch!

Nina M. Massek: Das mit dem Rauchen beruhigt mich. Danke auch!

Nina Massek: Eine Mama am Rande des Nervenzusammenbruchs. 20 wunderbare Flunkereien, die Eltern das Leben erleichtern. Goldmann Verlag 2015. 9,99 € als Paperback. ISBN 978-3-442-15864-5

Das Gespräch fand heute früh spontan auf FB als Direktnachrichten-Unterhaltung statt. Nichts geglättet, nichts geschönt. Nur die Typos sind rausgenommen worden.