Stats

HomeErziehungWarum ist Hausarrest noch erlaubt?

Warum ist Hausarrest noch erlaubt?

„Mama“, überlegte meine große Tochter heute laut am Wohnzimmertisch, „Wenn Kinder hauen und einsperren verboten ist, wie kann es sein, dass Hausarrest noch erlaubt ist?“ Recht hat sie, dachte ich. Sie fragte das aus aktuellem Anlass, weil nämlich eine ihrer Freundinnen wegen schlechter Schulnoten eine Woche Hausarrest bekommen hat. Und das ist kein Einzelfall, auch von anderen Mädchen aus der 8. Klasse, die meine Große (13) besucht, höre ich, dass sie Hausarrest haben oder ihnen welcher angedroht wird.

Bei mir gibt’s keinen Hausarrest, gab es noch nie. Ich habe meine Fehler in der Erziehung gemacht und mich geoutet, dass ich bei jedem Kind ein einziges Mal innerhalb von 13 Jahren so wütend wurde, dass ich eine Ohrfeige gab. Aber Hausarrest ist kein Affekt, sondern eine gezielte Strafmaßnahme. Was soll das nützen? Und wieso, das ist wirklich nicht einzusehen, darf das in Deutschland heutzutage noch ein ganz normales Erziehungsmittel sein? Ich finde das nicht richtig.

Auch bei uns im Wohnblock ist Hausarrest für Kinder, die nicht „spuren“, eine gängige Strafe. Mich gruselt es manchmal, mit welcher Selbstverständlichkeit zu Strafen gegriffen wird, die nicht mehr zeitgemäß sind. Was natürlich zu der Frage führt, welche Strafen denn überhaupt zeitgemäß seien. Liebesentzug ist ja auch nicht besser, sondern viel schlimmer – psychische Gewalt nennt man das, auch wenn das aus eigener Hilflosigkeit geschieht.

Mein Vater fragte mich im vergangenen Sommer, als wir die Ferien gemeinsam an der Ostsee verbrachten und die Jüngste gerade ganz schlimm trotzte, was um Himmels Willen man denn überhaupt noch tun dürfe oder solle als Eltern, wenn Vernunft, Ansprache und Augenhöhe beim Kind gerade versagen. Ich hatte keine Antwort darauf, außer dass ich genau weiß, was nicht geht. Es ist kompliziert.

Eine befreundete Tagesmutter erzählte mir, als wir uns über diese Problematik unterhielten, dass sie in ihren Fortbildungen lerne, die Kinder in extrem schwierigen Situationen einfach festzuhalten. So sehe ich das auch bei den Erziehern im Kindergarten, die halten die Kleinen auch gelegentlich fest am Arm, wenn sie sehr störrisch sind. Auch da habe ich Hemmungen. Aber wenn Fortbildungen dieses Vorgehen lehren, dann ist es vielleicht ein Mittel der Wahl bei Kindergartenkindern?

Erziehungswissenschaftler sagen wahrscheinlich, nicht strafen sondern motivieren sei die Zauberformel. Dummerweise funktioniert das nicht immer. Ich kann meine 4-Jährige nicht motivieren, im Restaurant nicht 30 Minuten rumzuschreien, weil sie kein Eis als Hauptgericht bekommen kann. Rausgehen mit ihr, das kann ich. Und ihr zeigen, dass ich nicht erpressbar bin.

Und während jetzt vielleicht fast alle Leser zustimmend nicken, will ich aber nicht verschweigen, dass ich im Extremfall auch ein sehr tobendes, um sich hauendes und im wahrsten Sinne des Wortes wütendes Kind in sein Zimmer zu verfrachte (tragend, gegen seinen Willen. Auch Gewalt), die Türe schließe und sage, dass es jederzeit wieder rauskommen dürfe, wenn es wieder normal sei. Wir hatten das seit Monaten nicht mehr, aber es war zeitweise die einzige Möglichkeit, meine extrem trotzende Jüngste zu erden. 2 Minuten im Zimmer, und sie war aus der Hysterie raus. Gut fühlte sich das trotzdem nicht an. Und hinterher war vertragen angesagt. Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Anschreien ist ja auch keine Lösung.

Aber Hausarrest? Nein, das ist grausam und entwürdigend. Für kleine und für große Kinder. Ich finde, der gehört verboten.