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Lustiges Zirkeltraining. Oder: Eltern-Alltag

Ausdauer, Kraft, Geschicklichkeit – das sind Dinge, die Eltern täglich trainieren. Und zwar, ohne eine miefige Turnhalle betreten zu müssen! Hier beispielhaft 10 Stationen für ein elterliches Zirkeltraining, wie es für Viele tägliche Routine ist.

Die einzelnen Stationen können je nach Kinderzahl, Ausstattung (mit oder ohne Auto, Badewanne oder Dusche) und Zeitkontingent variieren. Grundsätzlich ist das Zirkeltraining nach Elternart jedoch sehr zeitintensiv, das muss klar gesagt werden.

1. Station: Aufstehen, Frühstück, Aufbruch

Guten Morgen! Zum Aufwärmen gleich eine sehr anspruchsvolle Station – unter Zeitdruck für pünktliches Aufstehen, Anziehen und halbwegs den Jahreszeiten angemessene Kleidung beim Kind zu sorgen, bringt den Kreislauf morgens ordentlich in Schwung. Meist müssen auch Brotboxen vorbereitet werden, damit der Nachwuchs bis Station 3 nicht verhungert. Eltern von Kleinkindern dürfen noch diverse Hilfsdienste rund um Windel und das Klo erledigen und versuchen, Essen in den Nachwuchs hineinzubringen. Oft wird diese Station durch das Modul „Getränke Aufwischen“ oder „Trotzanfall beim Anziehen“ erweitert, siehe auch Station 8.

2. Station: Arbeit

Zur Abwechslung etwas ganz anderes, eine Art sanfte Dehnungsübung – Hausarbeit oder Bürotätigkeit, je nach Lebenssituation. Eltern von Babys lassen diese Station leider aus, das nächste Ruhemodul für sie ist der Mittagsschlaf des Babys, der jedoch nicht zuverlässig abgehalten wird. Diejenigen, die Station 2 mitmachen, dürfen sich nun ausnahmsweise auf etwas konzentrieren, wenn auch nur kurz ist und immer mit dem Gedanken, ob es die Schule oder die Kita ist und ein Kind abgeholt werden muss, wenn das Telefon klingelt.

3. Station Mittagessen

Unter Zeitdruck und noch nicht wirklich in Schwung gekommen, müssen Eltern gleich nach dem hektischen Absolvieren von Station 2 für Nahrungszufuhr beim Kita- oder Grundschulkind sorgen. Auch Schüler weiterführender Schulen kommen lieber nach Hause, als in die Mensa zu gehen, da es daheim einfach besser schmeckt. Dieser Standortnachteil führt dazu, dass der Teilnehmer des Eltern-Zirkeltrainings in kürzester Zeit für das Bereitstellen von geeigneter Nahrung sorgen muss, häufig schon um 12:30. Besonders tückisch dabei: das Kind ist durch großen Hunger oft übellaunig. Das kann zu unschönem, starken Blutdruckanstieg und Verspannungen führen.

4. Station Einkaufen

Hier gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade: Einkaufen ohne Kinder ist zwar auch mit großen Mengen an Gewichten verbunden, treibt aber den Puls wesentlich weniger in die Höhe als Einkaufen mit Kindern. Die höchste Schwierigkeitsstufe ist Eltern von Zwillingen im Kleinkindalter vorbehalten. Aber auch Einzel-Kleinkinder und Kindergartenkinder in der Trotzphase können einen ordentlichen Anstieg des Blutdrucks und Pulses mit sich bringen. Für erhöhte Pulsfrequenz sorgen auch Kinder, die aufs Klo müssen/spontan Hunger bekommen/müde sind. Dosieren Sie diese Stadien möglichst sorgfältig, um nicht in die Überforderung zu geraten. Selbst erfahrene Eltern haben gelegentlich Schwierigkeiten, hier vorausschauend zu planen.

5. Station Wartungs- bzw. Arzttermine mit Kindern

Bei dieser Station ist die Vielfalt sehr groß – neben den üblichen Vorsorge-Untersuchungen, die gerade in den ersten Lebensmonaten und Jahren ständig stattzufinden scheinen, abwechselnd mit Impfungen und krankheitsbedingten Besuchen beim Kinderarzt, kommen hier als Bonus noch Ergotherapie, Rückenschule, Psychomotorik, Zahnarzttermine für Vorsorge und Behandlung, Kieferorthopäde und auch der obligate Schwimmkurs hinzu. Ferner zählen in diese Rubrik Elterngespräche im Kindergarten und in der Grundschule sowie Elternabende. Eine reichhaltige Fülle an Gebieten, die für die Stimulation unterschiedlichster Nervenregionen sorgt.

 © macello_design - Fotolia
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6. Station Trösten, Seelsorge

Kurzes Cool-Down auf halber Strecke: vergleichsweise einfache Station, bei der das Kind dankbar in die elterlichen Arme sinkt und sich relativ schnell ein Glücksgefühl beim Elternteil einstellt. Dramen sind durch Pflaster heilbar, Draufpusten wirkt Wunder, und schlimmer Kinderstreit ist fast immer mit der Gabe von Gerichten aus der „Ess-Öopathie“ heilbar.

7. Station Hausaufgaben, Referate

Eine sehr anspruchsvolle Station, die selbst erfahrene Teilnehmer des Zirkeltrainings noch stark fordern kann. Speziell wenn Fächer dran sind, in denen die Elternteile mit eigenen, verdrängten Defiziten konfrontiert werden, kann dies zu heftiger Schnappatmung und abruptem Verlassen des Raumes führen. Es empfiehlt sich, diese Station nur mit großer Vorsicht anzugehen. Schnell kommt es zu Verletzungen oder Geschrei, und zwar sowohl von Eltern als auch von Kind.

8. Station Wutanfälle aushalten

Auch eine Station für Fortgeschrittene. Je nach Kind und auch Tagesform des Erwachsenen ist es ausgesprochen schwierig, einen Wutanfall angemessen zu bewältigen. Sollte das Kind zum um sich Treten neigen, gerade eine Beiß-Phase haben oder wutentbrannt auf die Straße rennen wollen, ist geradezu buddhistische Selbstkontrolle in Kombination mit schnellem Reaktionsvermögen angesagt. Eine gute Atemtechnik ist von enormem Vorteil.

9. Station Körperpflege

Haare waschen ist bei den wenigsten Kindern eine freiwillige Leistung. Insofern handelt es sich auch bei dieser Station um eine tückische Angelegenheit, die manche Kinder ganz verweigern und nur unter Bestechung über sich ergehen lassen. Ebenso wie bei Station 8 empfiehlt sich eine routinierte Atemtechnik, aber auch eine feste Stimme mit einer guten Portion Optimismus in Kombination mit Bestechung („Wir sind gleich fertig“, „Hier ist nur noch ein bisschen Schaum“, „Möchtest du gleich noch gemütlich ferngucken?“). Auch das Schneiden von Fingernägeln, das Kämmen und der Frisörbesuch zählen zu dieser Trainingseinheit.

10. Station Ins-Bett-Bringen

Am Schluss die Königsdisziplin – eigentlich sind die Eltern selbst schon völlig erschöpft, aber das Kind ist noch aufgedreht. Die größte Schwierigkeit bei dieser, der letzten Station des Eltern-Zirkeltrainings, ist es, beim Vorlesen der Gute-Nacht Geschichte nicht selbst einzuschlafen. Anfänger werden auch gerne mal ungehalten, weil sich kein rascher Abschluss der 10. Station einstellen will und der nächste Morgen mit Station 1 schon wieder bedrohlich nahe zu sein scheint. Langjährige Eltern-Zirkeltraining-Teilnehmer behelfen sich in dieser Situation mit dem aufmunternden Sprichwort von John Keynes „In the long run, we’re all dead.“ Dann geht’s wieder. Gute Nacht.

 

Linktipp hier im Blog: Meine Kinder Ess-Öopathie