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How to support your local Alleinerziehende – Ideen aus der Praxis

Du denkst dir: Puh, Alleinerziehende haben es vermutlich ganz schön schwer. Vielleicht hast du selbst Kinder, balancierst gestresst zwischen Arbeit, Betreuung und den tausend kleinen Dingen, die dir der Alltag zwischen die Beine wirft und fragst dich: Meine Güte, wie schaffen die das nur alleine?

Zunächst einmal: Danke, dass du uns siehst, es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Unterstützung. Respekt und Anerkennung für das auszudrücken, was viele Alleinerziehende Tag für Tag leisten, ist die eine Sache, noch besser ist es, betroffene Familien (ja ja, wir sind Familien und wir möchten auch so benannt werden) in deinem Umfeld zu unterstützen.

Bedenke stets, dass es kaum jemand mag, Unterstützung aufgedrückt zu bekommen. Ich zähle lediglich ein paar Ideen auf, wie du mit mehr oder weniger Aufwand mithelfen kannst, den Alltag vieler Alleinerziehender zu erleichtern. Die Lebenssituationen betroffener Familien sind vielfältig; Wohnort, Einkommen und Unterstützungsnetzwerk, das alles hat einen großen Einfluss auf die Belastung, die die betroffene Person wahrnimmt.

Im Zweifel gilt immer: Frag die Person, ob sie sich Unterstützung wünscht und ob sie vielleicht sogar konkrete Ideen hat, mach eventuell Vorschläge, akzeptiere aber auch ein „Nein“. Für viele Menschen ist es schon ausreichend, dass jemand sich die Zeit nimmt, zuzuhören oder sieht, was sie jeden Tag leisten, andere bevorzugen wiederum eine helfende Hand.

Wichtig: Die folgenden Tipps sind Anregungen für Familien, die ihren Alltag grundsätzlich meistern. Sie sind kein Ersatz für professionelle Unterstützung durch pädagogisches (Beratungsstellen, Familienhilfen) oder medizinisches Fachpersonal, die bei Bedarf dringend in Anspruch genommen werden sollten und nicht durch privates Engagement ersetzt werden können.

1. Lieber Besuch als Bar

Kinobesuche sind super, die neue Bar auch und diese eine Band, die man schon lange sehen wollte, die sind live sicher großartig. All diese Dinge sind für Alleinerziehende ohne Betreuungsnetzwerk oft nicht oder nur sehr schwer machbar. Abendveranstaltungen oder Events ohne Kinderbetreuung bleiben oft unerreichbar, was zu sehr viel Frust und Unzufriedenheit führen kann, hat man nach einer Weile doch das Gefühl, vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen zu sein.

Was hilft, sind Freunde, die ab und zu das Kino links liegen lassen, sich zu einem gemeinsamen Filmabend auf der Couch verkriechen, zum Kochen vorbeischauen oder die Bar am Samstagabend streichen, um mit einer Flasche Wein vor der Tür zu stehen.
Und vielleicht freust du dich schon total darauf, deinen nächsten Geburtstag in dem neuen Restaurant zu feiern, deine alleinerziehende Freundin findet es aber bestimmt gut, wenn ihr euch am Nachmittag danach noch im Park trefft, damit sie es auch noch schafft, in Ruhe mit dir anzustoßen, während die Kinder auf den Bäumen herumtoben.

2. Du das klappt jetzt doch nicht …

Spontane Absagen und Änderungen nerven. Ja richtig, das trifft vermutlich auf viele Menschen zu aber Alleinerziehende balancieren in ihrem Alltag ein fragiles Kartenhaus aus Verpflichtungen, welches bereits durch kleinste Änderungen ins Wanken kommen oder sogar einstürzen kann. Deshalb: Versuche langfristig zu planen und halte dich an Verabredungen. Frag dich vor jeder Absage oder Terminverschiebung, ob sie wirklich notwendig ist. Bedenke, dass der Babysitter vermutlich schon bestellt ist oder die Nachbarin, die ab und zu auf die Kinder aufpasst, nicht ständig hören möchte, dass sich schon wieder etwas geändert hat.

Und glaub mir: Die betroffene Person würde vermutlich nichts lieber tun, als nach der Arbeit spontan auf ein Bier gehen aber solche Ideen sind für die meisten Alleinerziehenden einfach utopisch. Es hilft deiner Freundin oder deinem Freund wenig, wenn du ihr immer wieder erzählst, wie toll das doch wäre, wenn ihr mal wieder Zeit für einander hättet. Auch wenn es gar nicht deinem Charakter entspricht, versuche doch einfach, gemeinsam einen Tag in der kommenden Woche zu finden und halt dich daran, dann klappt es auch mal mit dem Bier und ihr bleibt nicht ewig beim: Ach, das sollten wir mal wieder machen.

3. Wenn bei euch der andere aufpasst

Man kennt das: Einige Eltern kommen immer etwas zu spät zum Elternabend, weil der Partner oder die Partnerin es nicht rechtzeitig von der Arbeit nach Hause geschafft hat, um die Betreuung der Kinder zu übernehmen. Oder dieser eine Freund, der leider absagen muss, weil seine Freundin mit Migräne flach liegt und sich nicht um den Nachwuchs kümmern kann. In diesen Situationen merkt man oft, wie es ist, wenn die zweite Hälfte ausfällt.
Alleinerziehende sind ständig in dieser Situation. Oft wird die Betreuungsarbeit komplett oder zum Großteil allein geleistet, jede freie Minute für Ämtergänge oder Elternabende ist hart erkämpft. Umso willkommener sind kleine organisatorische Hilfen.

Biete beispielsweise an, dass ihr das Kind beim nächsten Elternabend gern mitbetreuen könnt, es auf dem Weg zum Fussballtraining begleitet oder die Kinder zum Fackelumzug mitnehmt. Oft wird es euch gar nicht auffallen, dass ihr ein Kind mehr im Schlepptau habt, aber glaubt mir, für Eltern mit unsicherem Betreuungsnetzwerk sind diese kleinen Hilfen eine enorme Entlastung.

Traust du es dir zu, kannst du dich auch als Notfallkontakt anbieten. Denn ohne den zweiten Elternteil bleibt in vielen Familien die Frage: Was, wenn ich im Stau stehe und das Kind nicht rechtzeitig abholen kann? Was ist, wenn es beim Zahnarzt doch länger dauert und wie bekomme ich das Kind in die Schule, wenn ich es wegen einer Grippe nicht aus dem Bett schaffe? Notfallkontakte helfen in diesen Situationen und sind eine wichtige Stütze für viele Familien.

4. Kleine Alltagshilfen, große Wirkung

Gar nicht so einfach, drei Tüten und zwei Kinder zu balancieren. Bestimmt freut sich deine Nachbarin, wenn du ihr anbietest, einmal im Monat mit dem Auto einen Großeinkauf mit ihr für Waschmittel und andere Schwerlinge zu erledigen oder ihr etwas mitzubringen. Oft werden es für dich nicht einmal zusätzliche Wege sein aber für sie ist es vielleicht eine wichtige Hilfe.

Schnell nochmal abends los, weil etwas fehlt, ist für viele Alleinerziehende nicht möglich, will man die kleinen Kinder doch nicht allein lassen. Freundliche Nachbarn und Nachbarinnen, die dann gern bei kleinen Butter- oder Brotengpässen aushelfen und diese freundlich statt urteilend kommentieren, sind eine echte Hilfe.

Wenn Menschen aus dem Wohnumfeld anbieten, ein Auge auf im Hof spielende Kinder zu haben, können Alltagsdinge schneller erledigt werden. Dürfen die Kinder dort im Ernstfall klingeln, fällt das Alleinbleiben- und lassen ab einem bestimmten Alter deutlich leichter.

5. Hobbypsychologen raus!

„B. hat letztens bei der Übernachtung eingepullert. Naja, die Eltern sind ja auch getrennt.“
„M. lässt sich in der Schule schnell ablenken, bestimmt schaut sie viel fern, der Vater ist ja allein.“
„T. ist ein etwas übersensibler Junge aber das ist ja kein Wunder, da fehlt der Vater.“

Das sind alles Sätze, die ich von anderen Eltern über getrennt lebende und alleinerziehende Eltern gehört habe. Dazu gibt es nur eins zu sagen: NEIN! Verhalten und Charakter von Kindern sind hochkomplexe Dinge und selbst ein Kind, das Trennungen durchlaufen hat, ist mehr als ein Trennungskind. Psychologische Analysen, die außerhalb einer Diagnostik getroffen werden, sind unter keinen Umständen akzeptabel, sie stigmatisieren Kinder und Eltern und machen sie zu Außenseitern.

Beteiligt euch nicht an solchen Unterhaltungen und stellt in solchen Gesprächsrunden die Frage, was Anwesende tun, um Kind und Elternteil zu unterstützen. So ist schneller Ruhe und eventuell denkt der ein oder andere sogar nach, bevor er oder sie sich das nächste Mal zum Experten kindlicher Entwicklung aufschwingt.

6. Mein Papa kommt

Die meisten Kinder wünschen sich Umgang mit beiden Eltern. Auch für den betreuenden Elternteil kann es eine Entlastung sein, wenn beide Eltern das Kind regelmäßig sehen. In einigen Fällen scheitert der Umgang jedoch an finanziellen Barrieren z.B. aufgrund unterschiedlicher Wohnorte. Hier hilft das Besuchsprogramm Mein Papa kommt, das private Unterkünfte für besuchende Eltern vermittelt.
Privatpersonen stellen dabei Unterkunft mit oder ohne Kinderzimmer unentgeltlich zur Verfügung, um die Familien beim Umgang zu unterstützen.
Ob einmalig, ab und zu oder regelmäßig entscheidet der Gastgeber.

7. Muttertag? Was ist das?

Man stelle sich vor, es ist Muttertag und das Kind weiß es nicht. Ob man den Tag feiern möchte oder nicht, bleibt jeder selbst überlassen, aber für viele Alleinerziehende, besonders mit kleinen Kindern existieren Tage wie diese gar nicht, schlichtweg weil es das Kind nicht weiß.
Dabei wäre Anerkennung für die tägliche Arbeit so wichtig.

Sei aufmerksam. Wenn das Nachbarskind ab und zu bei dir ist, kann auch mal ein Bild für Mama oder Papa gemalt oder ein kleiner Kuchen gebacken werden. Vielleicht finden sich im Park auch noch ein paar Blümchen. Kinder lieben ihre Eltern und machen ihnen in der Regel gern eine Freude, ruckruck ist die Überraschung fertig.

Wer kann und möchte, darf Alleinerziehende auch gern mal mit Frühstück oder einem spontanen Ausflug überraschen. Am Muttertag, am Vatertag oder an jedem anderen Tag im Jahr.

8. Betreuung, Betreuung, Betreuung

Für viele Alleinerziehende ist die Organisation von Betreuung eine der größten Belastungen im Alltag. Nicht alle Alleinerziehenden sind darauf angewiesen aber viele kämpfen mit dem engen Zeitrahmen. Wenn du es schaffst, das Kind ab und an zu betreuen, ist das eine große Hilfe für die Familie.

Du hast selbst keine Kinder und spielst nicht gern Kaufladen? Waschanlage, Boulderhalle, Park oder Schwimmhalle bieten viele Aktivitäten, die auch Erwachsenen Spaß machen und die Zeit wie im Nu vergehen lassen.

9. Mach es nicht schlimmer

Empathie und Mitgefühl sind was wunderbares! Vielleicht macht Dich die Situation von Alleinerziehenden etwas hilflos, weil Du Hilfe anbieten willst, aber aus verschiedenen Gründen nicht kannst. Man muß nicht immer praktisch helfen, Mitgefühl ist auch schön! „Ach Mensch, das ist wirklich heftig!“ ist tatsächlich angenehmer zu hören als „wird schon“, „aber er zahlt doch, das ist doch toll“ oder „geh doch mal zum Yoga“. Weder Durchhalteparolen, Abwiegelei noch Tips sind hilfreich.

Zuhören und ernst nehmen, das ist schon viel wert und passiert seltener, als du vielleicht glaubst!

Und bitte mach es uns nicht schwerer, als es oft ist. Von anderen Eltern übermäßig in die Höhe getriebene Kosten für Klassenfahrten sind (nicht nur) für uns Alleinerziehende der Horror. Arbeitseinsätze oder freiwillige Zusatzleistungen die den Eltern häufig von Schulen abverlangt werden, sind für uns meist nicht stemmbar und am wenigsten wollen wir hören, dass wir uns doch bitte im Interesse unseres Kindes mehr einsetzen sollten, denn das tun wir bereits jeden Tag.

10. Warte nicht darauf, gefragt zu werden

Du denkst dir vielleicht, dass Alleinerziehende genau diese Dinge lauter einfordern können, ihr Umfeld ansprechen sollten, sich ein Netzwerk aufbauen sollten. Ja, einige tun das sehr erfolgreich aber viele schaffen genau das nicht. Nach Hilfe und Unterstützung zu fragen und gegebenenfalls abgewiesen zu werden, kostet viel Energie, die Alleinerziehenden in ihrem herausfordernden Alltag oft fehlt. Und nicht jeder Mensch ist eine Rampensau, dem es leicht fällt, auf andere zuzugehen. Wenn du dir also denkst „Ist doch ganz klar, dass ich da ab und zu unterstützen kann“ dann biete es auch an und warte nicht darauf, dass du gefragt wirst.

Ich hoffe, du hast einen Eindruck bekommen, wie du mit vergleichsweise wenig Aufwand eine große Alltagshilfe für Familien von Alleinerziehenden sein kannst. Vielleicht fallen dir ja noch andere Dinge ein. Am Ende gilt wie immer: Geh mit offenen Augen durch die Welt und hör betroffenen Personen zu, um das alltägliche Miteinander positiv mitzugestalten.

Der Text verzichtet bewusst auf die Kritik an gesetzlichen Regelungen und lässt das Thema Diskriminierung von Alleinerziehenden weitgehend außen vor. Beides sind wichtige Themen, die bearbeitet werden müssen, will man die Situation betroffener Familien nachhaltig verbessern.

Vielen Dank an Annette Loers und Christine Finke für ihre Mitarbeit an dem Text. Netzwerke fetzen <3