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Elternabend – alleinerziehend ein Problem

Schon wieder trudelt eine Einladung zu einem Elternabend ein, es ist die dritte in diesem Schuljahr für den 1. Klässler, der zweite Elternabend für die 7. Klässlerin steht im April an, und gestern war Elternabend im Kindergarten.

Mich als Alleinerziehende mit kleinen Kindern stellt das vor Probleme. Hätte ich mehr Geld, könnte ich mir einen Babysitter nehmen, aber das kostet hier in Konstanz locker 10 € pro Stunde, macht 25-30 € für einen Elternabend, das sind bei 8-10 Elternabenden fast 300 Euro im Jahr.

Als Bezieherin von Wohngeld, die in öffentlich gefördertem Wohnraum wohnt (mit WBS) und mit der Selbstständigkeit als Redakteurin gerade erst angefangen hat, und Mutter von drei Kindern, ist das viel Geld.

Geld, das ist nicht einfach so übrig habe, denn Ende März hat z.B. mein Sohn Geburtstag, der braucht ein neues Fahrrad – oder eben ein ordentliches Gebrauchtes -, muss eine Feier haben, und natürlich auch Geschenke. Neue Schuhe muss ich auch für alle Kinder kaufen im Frühling, und Kleidung sowieso.

Ich kann also nicht auf jeden Elternabend, und seit neuestem sage ich das auch so: „Ich kann nicht kommen, weil ich kein Geld für einen Babysitter habe.“ „Oh“, sagen die Leute dann, „Hast du keine Familie, Nachbarn, Freunde oder Bekannte, die einspringen können?“ Dann seufze ich innerlich und versuche, ruhig und freundlich zu antworten, weil es mich so wütend macht, dass ich nicht einmal zu einem Elternabend gehen kann, und sich offenbar kaum jemand vorstellen kann, dass das nicht an meiner Unfähigkeit, mir Hilfe zu organisieren, liegt.

Weil es mir ein Bedürfnis ist, das im Einzelnen mal aufzudröseln, erkläre ich das mal, und hoffe, dass dies auch ein Politiker liest, viele Erzieher und Lehrer, und Menschen, die in Ämtern sitzen:

Warum ich manchmal nicht zum Elternabend kommen kann

  • Meine Kinder sind jung. Selbst die älteste Tochter ist mit 12 Jahren zu jung, um zwischen 19:30 und 22 Uhr ganz alleine auf ihre 4 und 6 Jahre alten Geschwister aufzupassen. Sie geht auch meist um 21 Uhr ins Bett und braucht ihren Schlaf.
  • Die Jüngste macht im Kindergarten einen Mittagsschlaf, worauf die Einrichtung besteht, und was ich auch in 2 Elterngesprächen nicht ändern konnte. Sie ist abends bis mindestens 21:30, teilweise auch bis 22 Uhr wach, weil sie von 13-15 Uhr tief und fest schläft – es ist also kein „einfaches Babysitten“ mit ferngucken.
  • Eben diese Jüngste hat starke Trotzphasen und ist nicht nur schwer zu bändigen, sondern auch furchtlos, ausdauernd und extrem stinkig. Das ist nichts, was dein müder Nachbar oder eine 12-Jährige abends um sich haben sollten.
  • Verwandte? Habe ich eine Menge, aber nicht hier in der Stadt. Die nächsten Verwandten wohnen 2 Autostunden von mir, und sind meine lieben Eltern, beide Mitte 70, und mein Bruder mit Familie, beide berufstätig.
  • Nachbarn: Viele nette, wunderbare Nachbarn habe ich in der von öffentlichen Geldern errichteten Siedlung, in der ich wohne. Sie haben fast alle Kinder, arbeiten hart für ihr Geld, und sind bis über beide Ohren mit ihrem Leben beschäftigt.
  • Freunde – meine Freundinnnen haben allesamt Kinder, ich habe 4 gute Freundinnen im Ort, die jeweils 3 kleine Kinder, 2 Kinder, 2 Kinder und 1 Kind haben – zwei dieser Mütter sind alleinerziehend und berufstätig, und dementsprechend abends hungrig, müde und müssen sich um Haushalt und eigene Kinder kümmern.
  • Bekannte: An denen mangelt es mir auch nicht. Unter anderem zwei wunderbare andere Alleinerziehende mit 3 Kindern kenne ich gut, die eine Frau arbeitet Schicht im Krankenhaus, die andere ist Witwe und Hebamme mit Dienst auf Abruf.
  • Babysittter: Hätte ich an der Hand, aber wie gesagt kein Geld – dafür muss ich mit 30 € rechnen.
  • Kinderlose Bekannte habe ich übrigens nicht mehr. Und glücklich Verheiratete bleiben am liebsten bei ihrer Familie abends, oder finden, ich habe selbst schuld, alleinerziehend zu sein – die will ich auch nicht bitten.
  • Der Vater der Kinder kommt aus verschiedenen Gründen, die ich  hier nicht ausführen kann, nicht als Kinderbetreuung für einen Elternabend infrage.

Ein Lösungsansatz – aber taugt der etwas?

Eine Idee wäre, die älteste Tochter eben doch mit den Geschwistern alleine zu lassen von 19:40 bis 21:45 (auf den letzten Drücker kommend und auf den ersten gehend), und eine Nachbarin/Freundin im Haus zu bitten, auf Anruf der großen Schwester schnell parat zu stehen. Denn ich brauche 15 Minuten vom Elternabend bis nach Hause.

Zweite Idee: Der Lehrerin mitteilen, dass ich kein Geld habe, um einen Babysitter zu organisieren. Aber der Sohn wünscht sich, dass ich zum Elternabend gehe. Dilemma.

Und das wirkt für Menschen, die so ein Problem nicht keinen, vielleicht einfach faul und desinteressiert. Gestern, beim Elternabend im Kindergarten habe ich das so gehandhabt – es war das erste Mal und hat für ziemliches Erstaunen gesorgt, obwohl ja klar ist, dass bei zwei voll vom Staat finanzierten Kindergarten- bzw. Hortplätzen inklusive Mittagessenszuschuss wenig Geld im Haus ist.

Dritte Idee: Babysitter buchen und auf Nummer sicher gehen, dafür notfalls am Monatsende bei „Die Tafel“ Mittag essen und Essen holen.

So, und jetzt Ihr. Kann ich eine 12-jährige mit ihrem 6 Jahre alten Bruder und einer zickigen 4-Jährigen alleine lassen?