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200 Euro Einmalzahlung für Studierende beantragen – mega umständlich

Demnächst soll es endlich losgehen: die von der Bundesregierung versprochene 200 Euro Einmalzahlung für Studierende kann beantragt werden. Bald, noch nicht sofort. Aber es ist ja noch Zeit, es hieß seitens der Regierung „bis zum Ende des Winters“, und der dauert laut der zuständigen Forschungsministerin Stark-Watzinger bis zum April.

Die Sache ist nicht zuletzt deswegen kompliziert, weil Bildung eigentlich Ländersache ist, aber der Bund aufgrund von Gesprächen mit den Ländern sich bereit erklärt hat, die Antragsplattform zu entwickeln. Ein schickes Pilotprojekt fürs digitale Deutschland hätte das werden können, mit Betonung auf „hätte“. Denn der Plan war wohl, die digitalaffine Jugend zum Vorreiter in Sachen „digitale Anträge auf Geldleistungen“ zu machen.

Eigentlich eine gute Idee; denn wer, wenn nicht die Generation der heute grob 18-25-Jährigen, kann richtig gut mit dem Internet und all seinen Möglichkeiten umgehen?

Praxistest: „Mal eben“ die 200 Euro Einmalzahlung für Studierende beantragen

Genau, zum Beispiel die 22-jährige Studentin, die gestern an meinem Wohnzimmertisch saß. Sie klappte ihren Laptop auf und verkündete optimistisch, dass sie das mit der Einmalzahlung jetzt erledigen würde. Sie hatte zwar von Kommilitonen gehört, dass der Prozess irgendwie umständlich sei, war aber guter Dinge, dass sie das hinkriegen würde.

Das war etwa um 11:45 Uhr. Die Webseite, auf der die 200 Euro Heizkostenzuschuss vom Bund beantragt werden können, war leicht gefunden. Die Studentin freute sich. Doch dann runzelte sie die Stirn. „Mama, was ist denn eine BundID? Hast du sowas?“ Ich guckte von meinem Kaffee auf und schüttelte fragend den Kopf. BundID? Nie gehört. Und sie seufzte: „Hier steht, ich brauche eine BundID und zusätzlich ein Elster-Zertifikat oder einen Online-Ausweis. Ich glaube, das habe ich alles nicht. Orr.“

Das war erst der Anfang. Denn die Studentin, die diese 200 Euro Einmalzahlung wirklich haben möchte, weil sie den Bafög-Höchstsatz erhält und auf das Geld angewiesen ist, machte sich nun daran, die ominöse BundID zu beantragen. Das könne ja nicht so schwer sein, dachte sie.

Der mühsame Weg zur BundID mit der AusweisApp2

Hahaha, weit gefehlt! Um es kurz zu machen, die Sache war nach 20 Minuten immer noch nicht erledigt, und das nicht, weil die Studentin so dumm ist. Inzwischen saßen der Partner, ebenfalls Student und 24 Jahre alt, und der Bruder (16), sehr PC-affin, staunend neben dem Laptop und kommentierten den Antragsprozess bzw. versuchten herauszufinden, wie man die AusweisApp2, die sowohl auf dem Handy als auch auf dem Laptop vorhanden sein muss (zwei Downloads, das ging relativ schnell), um schließlich mittels Koppelungscode gekoppelt zu werden, damit der via NFC-Funktion des Personalausweises eingelesene Identitätsnachweis von der App auf dem angekoppelten Laptop akzeptiert wird. Falls Ihnen jetzt etwas schwindelig wird beim Lesen, keine Sorge, es ging uns allen vieren auch so.

200 Euro Einmalzahlung
Bild von Pixabay

NFC-fähiges Handy ist Voraussetzung für die 200 Euro Einmalzahlung für Studierende

Auf dem Weg zur Registrierung für die BundID wurde verwirrenderweise auch nach der DE-Mail gefragt. Erste Vermutungen der Studentin, es handele sich einfach um eine Mail-Adresse, die nicht auf .com, .de oder Anderes ende, erwiesen sich leider als nicht zutreffend. Die DE-Mail wird von verschiedenen Providern angeboten, und man muss sich, um so eine Adresse zu erhalten, mit dem Online-Ausweis und der oben schon erwähnten Ausweis-App 2 dafür registrieren.

Dafür braucht man die persönliche 6-stellige Pin, die zum Ausweis gehört – falls man so eine Pin beantragt hat. Falls man keine PIN für den Ausweis hat, kann man online beim Innenministerium einen „Rücksetzbrief“ bestellen, wofür man, da waren wir, schon den Ausweis via NFC-Funktion mit der Ausweis-App einlesen muss. (Alternativ bleibt einem nur der Gang aufs Bürgeramt.)

Allerdings war die DE-Mail optional, man kann die BundID auch mit herkömmlichen E-Mail Adressen anlegen, wie wir im Nachgang feststellten. Aber so oder so musste der Ausweis via AusweisApp2 vom Handy auf den Laptop gekoppelt werden, das stand noch aus. (Und hier lag auch eins der Probleme mit diesem Verfahren: es wurde ab einem gewissen Punkt unfassbar unübersichtlich.)

Was, zum Teufel, ist denn eine CAN? Und Finger weg vom Handy beim Koppeln!

Doch genau hier ging es nicht weiter. Die Meldung: „Ein unbekannter Fehler ist aufgetreten“ half auch nicht wirklich bei der Ursachensuche und so machten sich drei junge Menschen daran, diverse Webseiten erneut auf Informationen hin durchzuforsten, auf dass ihnen weitergeholfen würde.

Leider fand sich in den umfangreichen FAQs der Seite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu der 200 Euro Einmalzahlung der entscheidende Hinweis nicht – nämlich das Handy die ganze Zeit auf dem Ausweis liegen zu lassen, also nicht nur das Vibrationssignal abwarten, das das Lesen quittiert, sondern Finger weg von beidem, bis der Koppelungsprozess abgeschlossen ist!

Ach, und noch eine Sache ist hilfreich zu wissen: Die sogenannte „CAN“, die man eingeben muss, damit die Verifikation des Ausweis via AusweisApp2 akzeptiert wird, befindet sich auf dem Ausweis unten rechts.

Extrem umständlicher Prozess für Beantragung des Gelds an die Studierenden

Das war der Moment, an dem meine Tochter innehielt, lachte, und sich verwirrt fragte: „Was wollte ich nochmal eigentlich!?“, und das war so bezeichnend für diesen ganzen, irre komplizierten Prozess, dass wir alle los kicherten. Gleichzeitig entspann sich eine kleine Diskussion, warum dieser extrem umständliche Prozess den Studierenden zugemutet wird, und wie wenig niederschwellig das alles ist. Das müsste doch einfacher gehen – ich bin gespannt, wie viele von den 2,95 Mio antragsberechtigten Studierenden sich die 200 Euro Einmalzahlung tatsächlich überweisen lassen (plus 450.000 Fach- und Berufsschüler).

Jedenfalls hat das mit dem Bestellen des Rücksetzbriefs für den Online-Ausweis geklappt. Und wenn der da ist, dann kann die junge Studentin die DE-Mail bei ihrem Provider beantragen, und sie kann auch das benötigte Benutzerkonto für eine BundID erstellen. Und danach, heureka, kann sie auf der Antragsseite des Bundes die 200 Euro Einmalzahlung für Studierende beantragen. Bis dahin sollte das Formular auch online sein, es hieß, das sei ab Mitte März der Fall.

Die BundID, DE-Mail, Online-Ausweis, AusweisApp2 – und am Ende doch auf einen Brief warten

Die Studentin wartet jetzt jedenfalls auf Post vom Amt. Die soll innerhalb von etwa 7 Werktagen bei ihr eintreffen. Und falls alle Stricke reißen, kann ich ihr zeigen, wie man ein Elster-Zertifikat erhält, das habe ich als Selbstständige nämlich, und es war relativ einfach. Im Grunde hätte sich der Staat den aufwändigen Designprozess dieses haarsträubenden User-Interfaces einfach sparen können und den Studis mitteilen können, dass sie sich gefälligst bei Elster registrieren sollen, falls sie Geld wollen. Das hätte wahrscheinlich viel Zeit, Geld und Nerven gespart.

Um 12:15 klappte meine Tochter den Laptop zu und befand, dass sie an diesem Tag offenbar nichts weiter tun könne. Ab nun heißt es abwarten, bis der analoge Briefträger kommt. Fast wie früher.