Der Kolumnistin ist langweilig. Halt, das stimmt nicht. Sie ruht sich von den intensiven Sitzungswochen aus und sammelt Kraft für die Kommunalpolitik.
Wir haben Sitzungspause, das ist sowas wie Sommer- oder Winterferien für Schüler, und es ist auch kein Zufall, dass sich die Sitzungspausen bei uns in der Stadt Konstanz mit den Schulferien decken, denn die Hauptbegründung dafür, dass es Sitzungspausen gibt, ist dass VerwaltungsmitarbeiterInnen mit schulpflichtigen Kindern die Gelegenheit haben sollen, Ferien machen zu können.
Hier muss ich etwas ausholen und einen kurzen Einblick darin geben, wie so eine Sitzung funktioniert: Die Verwaltung bereitet „Vorlagen“ vor, das sind meist mehrseitige Dokumente mit Informationen und oft auch vielen Anlagen, die uns als Gemeinderäten als Entscheidungsgrundlage dienen.
Diese Vorlagen zu erstellen, ist mitunter sehr arbeitsintensiv, wie uns Räten immer wieder erklärt wird (Und ich habe keinen Grund, dies nicht zu glauben), und der/die Vorlagenerstellerin und ihre Vorgesetzte sind in der Regel in der Sitzung anwesend, um für eine kurze Einleitung und für Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Wie man Vorlagen zu lesen hat, wo die Fallstricke sind und wie damit politisch gelenkt wird, drösele ich in einer späteren Kolumne mal auf, falls euch das interessiert. Es hat jedenfalls immer mit Framing zu tun, dies als Spoiler schon vorab.
Viel Korrespondenz in den Sitzungswochen
So, zurück zur Sitzungspause. Denn die genießen nicht nur die Verwaltungsmitarbeiter, sondern auch wir Räte und Rätinnen sehr. In den Sitzungswochen sind unsere Termine oft dicht getaktet und wir lesen pro Woche nicht nur Hunderte Seiten Vorlagen inklusive Anhängen, sondern werden je nach im Gemeinderat anstehenden Themen auch mit Mails von Bürgern, Interessensgruppen, Lobbygruppen und allerlei Anfragen zwischendurch geflutet.
Das können pro Tag durchaus 30-50 Mails sein, was für uns Stadträtinnen im Ehrenamt schon eine gewisse Arbeitsbelastung darstellt. Nicht alles beantworten wir persönlich, aber wir geben uns Mühe. Idealiter hat man dafür auch eine gute Fraktionsassistenz, die solche Dinge filtert oder an die man einige Anliegen zur Beantwortung weiterleiten kann – leider ist das bei uns nicht der Fall, denn unsere letzte Fraktionsassistenz, die das ganz hervorragend gemacht hat, wurde zur Gemeinderätin gewählt, und ein dauerhafter Nachfolger konnte trotz vieler Bemühungen nicht gefunden werden. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass wir halt keine Partei sind, denn oft machen diesen Job in anderen Fraktionen junge Menschen im Minijob, die das als Einstieg in eine größere Karriere sehen.
In der Sitzungspause bleibt das Postfach leer
Die Sitzungspause ist mir persönlich sehr willkommen, ich habe nämlich danach zuverlässig wieder Lust auf Sitzungen und darauf, die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat und in meiner Fraktion wiederzusehen, und ich freue mich auch über ein nahezu leeres E-Mail Posteingangsfach zur Abwechslung mal sehr.
Nicht alle Kommunen machen aber Sitzungspausen, ich habe auch von Städten/Gemeinden gehört, die quasi durcharbeiten – es liegt im Ermessen einer jeden Kommune, dies selbst festzulegen. Wir hatten auch aufgrund steigender Arbeitsbelastung für Konstanz mal darüber gesprochen, ob wir im August Sitzungen stattfinden lassen wollten, dies dann aber mehrheitlich abgelehnt und uns stattdessen fürs in Kauf nehmen streckenweise hoher Termindichte entschieden.
Der Kopf wird frei und Abstand tut gut
In der Sitzungspause höre und lese ich von meinen Fraktionskollegen höchstens Neujahrsgrüße oder Privates, und auch das nur spärlich. Es gibt keine oder kaum Spatenstiche, feierliche Eröffnungen, sehr wenige repräsentative Termine – also Zeit zum Durchatmen. Ich finde, man kriegt den Kopf frei dadurch. Auch, wenn für etliche von uns Stadträten die Sitzungspause vor allem bedeutet, dass sie sich mit ganzer Kraft dem Beruf widmen können, der in Sitzungswochen oft gemeinsam mit familiären Verpflichtungen bzw. Sorgearbeit irgendwie im Terminkalender vereinbart werden muss.
Wir machen das ja schließlich im Ehrenamt, und auch wenn es für Angestellte ein Recht auf unbezahlte Freistellung für Sitzungen gibt, so muss man sich dies a) finanziell leisten können und b) es am Arbeitsplatz und vom Chef auch positiv aufgenommen werden, wenn man öfter mal fehlt (Und c) arbeiten so viele Menschen aus Konstanz in der Schweiz, dass auch dies ein Hindernis sein kann, denn dort gelten andere Regeln.) Das ist übrigens einer der Gründe, warum im Stadtrat und Gemeinderat so viele Rentner, wohlhabende Selbstständige und Lehrer zu finden sind, für sie ist die politische Teilhabe wesentlich einfacher zu verwirklichen.
Sitzungspause ist nicht gleich Sitzungs-Pause
Bevor ich wieder in der Sitzungspause dem Müßiggang fröne, soweit das als Freiberuflerin und alleinerziehende Mutter möglich ist: Es sei noch darauf hingewiesen, dass die Sitzungspause nicht zu verwechseln ist mit der Sitzungs-Pause, also der 10-15 minütigen Pause, die wir in langen Sitzungen machen. Die dient nämlich, wie die große Pause in der Schule, zum Füße vertreten, Schwätzchen halten, Rauchen und auch Brötchen am kleinen Buffet holen. (Wobei wir auch zwischendurch essen dürfen, aufs Klo gehen sowieso, und die Regeln nicht so streng sind. Weiteres Kolumnenthema, es gibt nämlich durchaus ungeschriebene Regeln!)
Und noch etwas anderes ist die Sitzungsunterbrechung, die in Situationen stattfindet, in denen z.B. die Fraktionen oder die Verwaltung noch internen Abstimmungs- oder Klärungsbedarf haben vor einer wichtigen Entscheidung. Sitzungsunterbrechungen kommen eher selten und in spannenden politischen Momenten vor. Denn genau wie in der Schule sind Sitzungen zwar manchmal langweilig und zäh, aber es gibt durchaus Augenblicke, in denen es richtig hoch hergeht.
Zum Gück sind wir nicht mehr in der Schule
Bei allen drei Arten von Pausen, der Sitzungspause, der Sitzungs-Pause und der Sitzungsunterbrechung haben wir als Stadträte ein Mitspracherecht, was die Sache dann schon auf ein anderes Level hebt als den Schulbesuch, denn wir agieren als gewählte Volksvertreter mit der Verwaltung auf Augenhöhe. Ich empfinde das, bei allen politischen Katz- und Maus-Spielchen, als recht gut funktionierendes System, das meist zu vernünftigen oder zumindest tragbaren Entscheidungen führt.
Für mich geht’s ab Mitte Januar wieder los, mit zuerst einem Neujahrsempfang, dann ist Fraktionssitzung am Montag, danach Arbeitssitzung für die Vorbereitung des internationalen Frauentags bzw. der Aktionen dazu im Monat März, und einem Vernetzungstreffen für Räte und Rätinnen – damit sind drei Abende belegt. Die Woche darauf wieder Fraktionssitzung, dann Sozialausschuss, schließlich eine Gemeinderatssitzung, und es werden sicher noch weitere Termine dazukommen. Ich freue mich drauf. Und damit das so bleibt, bin ich jetzt wieder weg. Tschüssi!