Ob ich nicht wieder „am Leben teilhaben“ wolle, fragte mich kürzlich eine Nachbarin, die ebenfalls alleinerziehend ist und ihren jetzigen Partner über eine Online-Partnerbörse kennengelernt hat. Ulkige Frage, dachte ich – nehme ich denn ohne Mann an meiner Seite nicht am Leben teil?
Für viele Frauen ist das tatsächlich so, und dass auch etliche Männer sich ohne Partnerin unvollständig fühlen, sieht man an den vielen frisch getrennten, die nahezu panisch versuchen, eine vorzeigbare Frau an ihrer Seite aufzutreiben. Das Phänomen, sich ohne feste Beziehung wie ein halber Mensch zu fühlen, ist also weit verbreitet.
Bei mir war das nie so. Ich oute mich ein weiteres Mal als Sonderling: Schon als Teenager hatte ich mir die Sache mit dem „miteinander gehen“ aus dem Kopf geschlagen. Zuerst, weil ich offenbar nicht attraktiv war in der Gruppe (da war ich zarte 12 Jahre alt), dann aber aus Überzeugung. Die Erkenntnis „Was soll ich denn mit einem Freund? Ich habe gar keinen Platz für sowas in meinem Leben!“ festigte sich mit etwa 14 Jahren, und ab da war ich recht beliebt, flirtete auch gern, aber mehr bitte nicht. Meinen ersten Kuss holte ich mir 3 Wochen vor meinem 18. Geburtstag vom Klassengigolo, von dem ich dachte, er könne besonders gut küssen (Irrtum!), weil ich nicht ungeküsst volljährig werden wollte. Ab da ging’s dann aber rund in meinem Liebesleben und ich ließ mich doch mit einem Mitschüler ein, mit dem ich einige Jahre zusammen war.
Es folgten kurze, lange, gleichzeitige, wechselgeschlechtliche, Dreiecks- und Amour-Fou Geschichten, Urlaubslieben, One-Night-Stands – ich habe nichts ausgelassen. Was ich aber nie tat, war von einer Beziehung gleich in die nächste hüpfen. Ich finde das geschmacklos. Menschen sind doch kein Auto, das man wechselt. Nach einer ernsthaften emotionalen Verwicklung gilt bei mir die Faustregel: es dauert in etwa halb so lange, wie die Beziehung andauerte, bis ich darüber hinweg bin.
Nach 11 Jahren Beziehung mit dem Ex-Mann bin ich nun etwa 3 Jahre getrennt. Folgerichtig rechne ich mit 2 weiteren Jahren Rekonvaleszenszeit, in der ich mich neu sortiere, die Wunden lecke, mich neu aufstelle, und vor allem: lebe. Denn am Leben teilhaben, das kann ich auch als Single mit Kindern.
Das beste ist: mir fehlt nichts, absolut nichts. Gut, manchmal würde ich gerne etwas flirten, aber offenbar habe ich eine Blockade. Denn Flirten, das weiß ich, führt oft zu mehr, und schwuppdiwupp ist da wieder Liebeskummer, Einengung, besitzergreifendes Verhalten und Eifersucht – dazu kommen Rangeleien um die Rollenverteilung, unterschiedliche Ansichten über Finanzen und Freizeitgestaltung, und das ewige Streitthema Sex (wie oft, wann, welcher Art….). Nichts von alledem kann ich in meinem Leben brauchen.
Für die Kinder wünsche ich mir manchmal, dass da noch eine männliche Bezugsperson wäre, die meine Defizite etwas abmildert – ich mag nicht toben, kann bei Mathe nicht helfen, und bin einfach kein Kerl als Rollenvorbild – aber wenn ich meine Kinder frage, wie sie das denn fänden, wenn ich einen neuen Partner hätte, rein hypothetisch, dann schütteln sie entsetzt den Kopf und schlagen vor, solche Pläne auf die Zeit nach ihrem Auszug zu verschieben :). Es scheint also nicht ganz so dringend für sie zu sein, dass ihre Mama nicht mehr alleinerziehend ist.
Und was hat das mit der Überschrift zu tun? Gott? Ihr wisst, dass ich an den nicht glaube. Aber die Art und Weise, wie andere Menschen an Gott glauben, kommt meiner Einstellung zur Liebe recht nahe: Ich habe das Gefühl, diese Dinge liegen nicht in meiner Hand, sondern brechen über mich herein. Chemie, Dispositionen, Prägungen, Muster, ja, das mag alles eine Rolle spielen. Aber am Tag X auf Herrn Y zu treffen, an einem Ort, der total unwahrscheinlich ist für ein Treffen dieser beiden Menschen, das ist mir in all meinen Liebesbeziehungen passiert. Nie habe ich jemanden aus dem eigenen Büro interessant gefunden. Nein, es waren stets enorme Zufälle, die mich und einen Mann zusammenführten, und dann hat’s Funken gesprüht, ein Feuerwerk kam in Gang, und oft brannte hinterher irgendetwas lichterloh. Genau das will ich vermeiden.
Von daher: Einen neuen Partner möchte ich nicht. Ich wüsste auch beim besten Willen nicht, wie der sein sollte. Ältere Männer interessieren mich nicht (maximal gleich alt, aber nur, wenn gut erhalten), reiche Männer auch nicht, und welche mit eigenen Kindern mag ich auch nicht (fühlt sich an wie „Second Hand“). Männer ohne Kinder sind aber auch schräg. Fazit: Ich lasse das mit den Beziehungen. Bis auf Weiteres.
Linktipps innerhalb des Blogs:
Alleinerziehend – die Vorteile
word!
bin auch alleinerziehend. werd auch ständig gedrängt, mich wieder auf den markt zu schmeißen. und hab überhaupt keinen bock drauf. sicherlich auch, weil ich wunden lecken muss, aber vor allem, weil es ich es genau so empfinde, wie du es sagst: ich wüsste nicht, wie ein neuer typ sein und auch nicht, wo er plötzlich herkommen sollte. und: auf den damit verbundenen stress hab ich auch so gar keine lust. vorerst.
Hi Steph,
endlich ein Kommentar :). Ich dachte schon, entweder liege ich diesmal total neben der Spur oder niemand traut sich zu sagen, dass alleinsein schön ist… LG!
Ich steh mit dieser meinung auch immer etwas alleine da.
Ich kenne dieses Phänomen von einer Freundin der Familie. Sie hat nach einem Jahr Trennung überhaupt keine Lust sich diesen Stress wieder anzutun. Ich kann es leider nicht verstehen, aber vielleicht ist sie auch einfach nur zu sehr enttäuscht worden.
Liebe Grüße aus Garbsen
Hallo Ecki,
schon komisch, wie wenige Leute so lange alleine bleiben wie ich das tue, denke ich gerade. Ein Jahr ist aus meiner Warte ein Klacks – wobei mich weniger der potentielle Stress schreckt, eine neue Beziehung einzugehen – ich habe einfach kein Bedürfnis. Mir geht’s gut, wie es ist, warum sollte ich das ändern?
Gruss zurück, Christine
Hmm, als glücklich verheirateter Vater von (bald 2) Kindern, kann ich das alles irgendwie schlecht beurteilen. Fakt ist aber, dass ich echte Hochachtung vor Leuten habe, die alleinerziehend sind. Ich bin ehrlich froh, dass ich mir die Belastungen, die man mit Kindern unweigerlich hat, mit meiner Frau teilen kann. Bis jetzt sind wir ein gutes Team, und es springt immer Einer ein, wenn’s dem Anderen mal nicht so gut geht. Allerdings wüßte ich jetzt auch nicht so genau, wie es weitergehen sollte, falls wir uns auch mal trennen sollten (was hoffentlich nie vorkommen wird). Ich wäre absolut planlos und sowas… Weiterlesen »
Hallo Mattes,
ich freu mich immer, wenn auch ein Mann und Vater hier kommentiert, vielen Dank! Als ich noch ganz normal verheiratet war, muss ich gestehen, habe ich über Alleinerziehende überhaupt nicht nachgedacht. Es gab sie, Punkt. Es hat halt jeder seine eigene Brille auf. :)
Gruss zurück, Christine
Hallo Christine, das verhält sich bei mir etwas anders. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, somit denke ich schon des Öfteren darüber nach, was wäre wenn. Klar, allzu tief denke ich mich da jetzt auch nicht hinein, das würde die eigene Beziehung ja vergiften. Aber man ist als Scheidungskind glaube ich schon mehr um die Beziehung bemüht, als „normale“ Menschen ;-) Deshalb lese ich „gern“ (klingt irgendwie doof in dem Zusammenhang) Berichte von erfahreneren Menschen, wie z:B. von Dir, wie es ihnen ergangen ist, vielleicht auch um schon etwas gewappnet zu sein, für die wirklich schlimmen Dinge, die es schaffen,… Weiterlesen »
Hallo Mattes,
ich finde das toll – wenn beide Partner so denken wie du, stehen die Chancen gut, dass die Beziehung auch schwierige Strecken übersteht. Wenn allerdings nur einer an sich arbeitet, weniger. *Räusper*, Details dazu verkneife mich mir, wenn auch nur ungern. Danke für deine Gedanken!
Über dieses Thema wuerde ich mir gar nicht so den Kopf zerbrechen. Geht man auf die Suche und setzt sich unter Druck, dann geht es oft in die Hose. Es sind oft die Zufaelle, die etwas wunderbares zu Tage fördern. Am besten ist sich nicht unter Druck zu setzen und nichts zu ueberstuerzen. Gut Ding will Weile haben. Es lässt sich mit Partner gut leben und ohne bestimmt auch. Man sollte sich nie komplett auf eine Seite schlagen, wozu auch. Ich bin mit Partnerin sehr glücklich.
Hallo Christine, ich stand zuletzt schon mal vor der Frage, antworten oder nicht. Die haben meine Kinder dann für mich gelöst „Mamaaaaa…….., wir möchte soooo gerne zum Mediamarkt. Da gibt es…..“ Nun ja, damit war meine Zeit dann anderweitig verplant. Wie Du ja weißt, lebe ich selbst wieder in einer Partnerschaft. Und bin alleinerziehend. Mein Partner wohnt viele, viele km von hier entfernt und kommt nur an unseren „kinderfreien Wochenenden“ (in Anführungszeichen, weil meine kinderfreien WE selten kinderfrei sind, aber das ist ein anderes Thema). Ich kann Deine Bedenken gegen eine Partnerschaft verstehen. Ich habe mich getrennt und wollte „nie… Weiterlesen »
Liebe Nadja,
das ist schön, und ich gönne dir dein partnerschaftliches Glück von Herzen – vielleicht lasse ich mich ja auch noch einmal mit jemandem ein, wer weiss. Aber hoffentlich noch nicht im nächsten Jahr, denn mir geht’s gerade so gut. :)
Herzlichst, Christine
Liebe Christine,
ich kann Dir versichern, dass es mir auch gut geht. Trotz der Partnerschaft, die ich nie wieder wollte *lach*
Aber ich bin fest davon überzeugt, einen Partner sollte man nicht suchen. Wenn der Zeitpunkt passend ist, findet er sich von alleine :-)
Liebe Grüße,
Nadja
Hallo, falls Du doch mal wieder Lust hast, auf flirten, Leute kennenlernen und alles was so dazu gehört,
dann schau doch bei uns mal vorbei.
Sag niemals nie!
Viele Grüße,
Maren
Hallo Maren,
das lasse ich glatt stehen. Ich sage ja auch nicht mehr kategorisch Dinge. Ausser dass ich in diesem Leben nicht mehr an Gott glauben werde.
Genau das haben meine Kinder auch gesagt: „Mama, du darfst erst einen Freund haben, wenn wir ausgezogen sind!“
Ich habe 18 Jahre mit DWD verbracht, und hoffe, dass meine Rekonvaleszenz keine neun Jahre dauert!
Puh, wenn ich die Hälfte der Zeit, die ich mit meinem Ex zusammen war, alleine bleiben muss, dann liegen über zehn Jahre Alleinlebens vor mir… Aber naja, im Moment geht es mir wie es dir geht (bzw. 2012 ging…): Die Vorstellung, mich zum jetzigen Zeitpunkt auf einen neuen Partner einzulassen, ist nachgerade absurd. Und ins Haus kommt mir ohnehin keiner mehr. Ich glaube nicht, dass ich jemals noch mal die Wäsche eines anderen Mannes waschen werde. Wenn noch mal Liebe, dann ohne Alltag, getrennt, jeder hat sein Leben. Etwas anderes ist für mich (zur Zeit) nicht denkbar. Und im Moment… Weiterlesen »
[…] Linktipp innerhalb des Blogs: Ein neuer Partner? Gott, bewahre! […]
Liebe Christine,
ich weiß, was mich antreibt, hier mitzulesen, wo ich doch gar nicht alleinerziehend bin und auch nicht plane, dies in Zukunft zu werden: Du schreibst so wunderbar ehrlich! Ich musste beim Lesen staunen (Dreiecksbeziehungen, hui! das gab bestimmt Reibungsfläche..) und schmunzeln und nicken und lächeln.
Grade beim Lesen dieses Satzes, da ich gläubig bin und ich erstaunlich finde, wie sehr Deine Worte mein Empfinden bezüglich der Begegnung mit Gott beschreibt:
Liebe Grüße :-)
Ich danke dir!
Viele Grüße zurück!
Ich finde es viel krasser, wenn ich miterlebe wie Freundinnen sitzengelassen werden (jaja, ich weiß, sind immer beide dran schuld) und SOFORT einen neuen Partner suchen. Das geht nämlich in den seltensten Fällen gut und die Scherbenhaufen, auf denen man gehen muss, werden größer und tun immer mehr weh.
[…] Jüngste 18 wird, und wenn sie 10 Jahre alt ist, ich 53 sein werde. Nimmt mich dann noch jemand? (Nein, ich meine nicht als Frau, das ist zwar auch ein Gedanke, der mir manchmal […]
ich wollte zum Buch „Allein, alleiner, Alleinerziehend“ etwas sagen. Ich habe mir das vor ca. 2 Monaten gekauft und bin begeistert davon. Kann ich nur jeder alleinerziehenden Mama empfehlen. Auch den Papas ;-)
P.S.: Eure Seite ist auch supi, ich schaue fast täglich rein. Macht weiter so…
Vielen Dank! Aber ich bin nur eine. :)
wirklich, Du (Sie) bist (Sind) ganz alleine mit der Seite? Meinen Respekt! Ich habe (als alleinerziehende Mami) auch eine Zeit lang eine Seite für Alleinerziehende betreut und weiß, wie viel Arbeit darin steckt! V.a. muss die Seite immer aktuell gehalten werden. mama-arbeitet gefällt mir aber sehr sehr gut.
Auf jeden Fall: Die besten Wünsche für 2017 :-)
Jupp. Das ist hier eine One-Woman-Show.
Sehr toller text und spricht mir aus der seele! Bin seit 1,5 jahren alleinerziehend von 3 kindern und kann mir so gar nicht vorstellen eine neue partnerschaft einzugehen! Ich bin so glücklich darüber die zeit mit meinen kindern so zu verbringen wie ich es mir vorstelle! Keine diskussionen über freizeitgestaltung, kein genörgel über das essen, keine besuche seiner freunde/familie, die ICH bewirten muss, keine streitereien überhaupt, die mich in meinem denken und tun lähmen und mich davon abhalten die kostbare zeit mit meinen kindern mit nem freien kopf zu genießen, ohne ständige beziehungsprobleme im hinterkopf zu haben und keine wäsche… Weiterlesen »