Da wird also ein Sexist und Rassist, ein Egomane und Narzisst, genau die Sorte Mann, vor dem du deine Kinder warnen würdest, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Und du reibst dir die Augen und denkst, Hossa, wie kann das sein!? Aber in Wahrheit weißt du es genau, weil Sexismus, Rassismus, Egozentrik und Narzissmus in allen Gesellschaften, die ich kenne, eine elementare Rolle spielen. Abwertung von Frauen, Diskriminierung von Menschen mit anderer Hautfarbe, Religion/Atheismus, psychischen oder körperlichen Krankheiten, all dies ist normal.
Männer begehen mehr und heftigere Gewaltdelikte als Frauen, Männer zahlen keinen Unterhalt, weil sie das gar nicht einsehen (to be proven, ich weiß – aber es schaut ganz danach aus), Männer drücken sich davor, Kinder zu betreuen und alte, kranke Menschen zu pflegen. Kurz: Männer scheinen rückständig, unbelehrbar und machtbesessen zu sein.
Aber nicht alle Männer….!
Was sonst als „Derailing“ daherkommt, wenn feministische Diskussionen oder solche über Gewalt gegen Frauen im Netz toben, nämlich diese Floskel, dass doch bitteschön nicht „alle Männer“ über einen Kamm zu scheren seien, nicht zu vergessen, nein, ganz deutlich zu sehen, ist wichtig. Weil frau sonst verzweifeln könnte, und all die guten Männer gleich mit.
Wie muss es sich anfühlen, ein Geschlechtsgenosse von solch rückständigen, aggressiven Wesen zu sein? Männliche Feministen wie Jochen König und Robert Franken haben meinen höchsten Respekt, auch wenn sie sich in ihren Vorstellungen darüber, wie Gleichstellung zu erreichen sei, uneins sind und heftig debattieren, und ich manchmal fürchte, der Zickenkrieg geriete zum Alpha-Feministen-Battle, was vielleicht unausweichlich ist, aber unschön mitzulesen.
Gute Männer findest du überall: auf twitter, auf Blogs, auf Panels und im Supermarkt
Auch schon vor diesem Wahlergebnis dachte ich, es wäre an der Zeit, es mal herauszuposaunen, und nun kann ich gar nicht mehr anders. Denn ich habe in den letzten Monaten und Jahren so viele gute Männer kennengelernt. Gerade die, die nicht mehr ganz frisch getrennt sich und schon wissen, dass das Leben auch aus Verantwortung und Rücksichtnahme besteht, die mit einem ernsthaft reden, und auch bei abweichender Weltsicht oder Meinung weiterhin respektvoll mit dir umgehen.
Ich entdecke sie im Supermarkt, auf twitter, lerne sie über Blogs kennen oder über Leserbriefe zu meinen Texten. Dann schreiben wir, manche treffe ich, aber das aus Zeitmangel eher selten, und ich fühle mich sehr bereichert. Diese Männer haben Kinder und kümmern sich um sie, sie tragen teils selbst schwer an den Umständen und ihrer Vergangenheit, aber sie haben immer noch etwas zu geben.
Sie sind charmant, ohne aufdringlich zu sein, sie schreiben mir die wunderbarsten Direktnachrichten, sie erzählen aus ihrem Leben, und ich weiß, wenn ich das wollte, dann könnte ich einen kennenlernen, vielleicht eine Romanze beginnen, ich könnte jemanden finden, falls ich einen Partner oder einfach einen Freund bei mir haben wollte, die genauen Parameter dafür wären noch zu verhandeln, aber auch das ginge mit so einem Mann.
Ein guter Mann – die Stecknadel im Heuhaufen?
Es gibt ganz viele davon. Und je älter ich werde, desto mehr gute Männer erkenne ich. Sie werden wieder frei, und das meine ich nicht zynisch, denn das Zerbrechen einer Familie ist immer schmerzhaft. Aber manchmal ist das eben unausweichlich. Und deswegen habe ich überhaupt keine Eile. Es gibt so viele gute Männer, die laufen mir nicht weg.
Außerdem kann ich mir gut vorstellen, für den Rest meines Lebens alleine zu bleiben. Eine weitere Überdosis Liebeskummer jedenfalls brauche ich nicht. Aber den würde mir ein richtig guter Mann auch nicht zufügen. Es war schmerzhaft, das zu lernen, aber offenbar nötig.
Die Guten sollen sichtbarer werden.
— Anna Log (@_Anna_Log) November 9, 2016
Der ultimative Gutmann-Test
Denn es scheint, dass das eine Grundfrage in meinem Leben ist: Was ist ein guter Mann? Der beste, den ich kenne, ist nach wie vor mein Vater. Da an ihn sowieso keiner herankommt, werden die anderen auch nicht an ihm gemessen. Und messen kann man Gutmanntum eh nicht.
Es ist eine Mischung aus Worten, Taten, Weltbild und Herz, die den guten Mann ausmacht. Wenn er dann noch hübsch anzuschauen ist und gut riecht, umso besser. Ihr meint jetzt, das wäre die Stecknadel im Heuhaufen? Nein, echt nicht. Macht die Augen auf. Sie sind überall, die Guten. Und es ist wichtig, sie auch zu sehen. Zwinkert ihnen zu. Seid mit ihnen befreundet, auch nach einer Liebesgeschichte oder ohne, dass es jemals dazu kam. Nur Mut! Gute Männer freuen sich, wenn Ihr auf sie zugeht. Und sind niemals fies oder herzlos, falls eure Erwartungen aneinander nicht übereinstimmen. Sein Verhalten in so einem Fall ist, und damit endet dieser Text, der vom politischen Weltgeschehen direkt in mein Liebesleben führte, der ultimative Test für den Gutmann.
Mein heutiger Gutmann des Tages ist übrigens Christian. Gestern war es Micha, vorgestern Thomas, davor Maximilian, Juri, Oliver, Arthur, Juston, Jochen, Jan, Robert, Nils, ich könnte hier noch ganze Absätze anfügen. (Und die haben sich, nicht dass wir uns da missverstehen, diese Meriten alle in den letzten Tagen und Wochen verdient. Und sind keine Bettgeschichten). Gutmänner, ich bin froh, dass es euch gibt!
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24 Kommentare auf "Es gibt sie noch, die guten Männer. Und wieder. Und so viele!"
Hallo Christoph, habe seit kurzem eine Brille, damit ich besser sehen kann :) Danke
Danke für die aufmunternden Worte.
ich stimme dir zu, #notallmen, wenn man eine individuelle Ebene betrachtet. Aber! Wenn man sich der strukturellen Ebene zuwendet, dann heißt diese Patriarchat und von diesem profitieren eben #yesallmen – darauf hinzuweisen bedeutet meiner Meinung nach nicht, dass man nicht Männer mögen und lieben kann oder Männer nicht vertrauen kann. Es geht nicht darum, Männer generell zu hassen, sondern es geht um das System an sich, von dem hauptsächlich weiße heterosexuelle Männer profitieren. Ich finde es sehr wichtig diese beiden Ebenen nicht zu vermischen.
Lg
Absolut, ja. Und außerdem bin ich ja eh als „Männerhasserin“ fest in den Köpfen verankert. Dass das System patriarchalisch und verbesserungswürdig ist, steht ja im Prinzip im ersten Absatz. Es ist viel zu vieles normal, das es nicht sein sollte.
viel zu viel, ja. und damit, dass solches verhalten normal/ok/gut/richtig ist, werden alle männer sozialisiert. das ist höchst problematisch. deswegen finde ich persönlich es wichtiger, darauf (also auf den inhalt von #yesallmen) hinzuweisen, als „freisprüche“ zu verteilen (das ist jetzt wirklich sehr polemisch überspitzt ausgedrückt, aber dieser morgen hat’s in sich … nun, ja).
schmunzeln musste ich über deine beobachtungen zum „Alpha-Feministen-Battle“ – das wäre wohl einen eigenen beitrag wert :)
Liebe Christine, das hast Du wunderbar geschrieben. Dankeschön dafür! Ich habe glücklicherweise fast nur gute Männer in meinem Leben getroffen (leider wollte das Universum meinen Ehemann zu früh zurück). Vielleicht liegt das auch daran, dass ich – ähnlich wie Du – einen tollen Papa habe und damit ein positiv besetztes Männerbild. Schauen wir, was die Zukunft bringt.
Danke für diesen Artikel! Ich sehe momentan nur Männer, die ihren Narzissmus voll ausleben und sich dabei auch noch ganz toll finden. Da tut es gut, etwas positives zu lesen!! Irgendetwas ist mit vielen Männern zwischen 40 und 60 passiert. Die vielzitierte Midlifecrise gibt es wirklich und in voller Ausprägung. Für mich ein Trauma, denn auch ich hatte einen tollen Vater. Ich wüsste wirklich gern, wo die guten Männer sind?
Ich schließe mich an. Ich finde den Artikel besonders auch deswegen toll, da er auf eine so schön entspannte Art das sagt, was in so vielen Diskussionen von Männern immer als plakative Schelte daher kommt. Nicht alle Männer seien so, es werde auf unfaire Weise verallgemeinert, die Aussage sei daher kaum haltbar, etc. etc.
Letztlich ist es das, was aufZehenspitzen oben mit der individuellen und der strukturellen Eben anspricht, was viele einfach nicht unterscheiden können.
Und vielen Dank, ich fühle mich geehrt und freue mich einfach sehr, dass du das so siehst :)
[…] Intelligenzallergiker sein müssen, wie der mächtigste Mann der Welt. Den Artikel könnt ihr hier […]
Also, das kann ich bestätigen – ich habe einen super Vater und ein gutes Verhältnis zu ihm. Und bleibe heute lieber alleine, auch für den Rest meines Lebens, als faule Kompromisse zu machen.
Recht haben Sie! Nur in einem Punkt muss ich widersprechen, ein Mittvierziger-Mann „ohne Altlasten“ – also unverheiratet, ohne mindestens eine Trennung, ohne Kinder, dazu gut-aussehend, beruflich erfolgreich, gebildet …. Ist mir suspekt. Entweder ist er ein „guter Mann“, dann hätte in den letzten 30 Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendeine Dame Interesse an ihm gehabt und er hätte entsprechend „Altlasten“, oder aber er ist gar keiner von den „guten Männern“.
[…] Intelligenzallergiker sein müssen, wie der mächtigste Mann der Welt. Den Artikel könnt ihr hier […]
Es ist Ausdruck unseres kranken Zeitgeists, dass ein Verlassen der Kinder als Kavaliersdelikt abgetan wird. Auch ich habe 3 Kinder und sehe viele Parallelen zu Frau Finkes Geschichten. Leider habe ich ein aus Selbständigkeit erwirtschaftete Einkommen, das mich als Spitzenverdienerin betrachtet. D.h. Extreme Leistung für ein einigermaßen gutes Leben. Ich betone einigermaßen.
Warum bin ich mit den Kindern steuerlich gesehen keine Familie? Wie krank ist dieses System? WIE frauenverachtendend und kinderfeindlich?
Der letzte Absatz ist absoluter Blödsinn – hier sind Meinungen von Männern nicht weniger gern gesehen als die von Frauen. Solange sie nicht beleidigend, sexistisch oder einfach nur ausufernd und nervig sind. Ihr Beitrag (und ich bin nicht Ihre „liebe Christine“) ist grenzwertig. Betrachten Sie dies als klare Ansage, dass weitere Sermone dieser Art hier nicht puliziert werden.
Sicher gibt es die guten Männer, aber die suchen auch die guten Frauen. Diese guten Männer werden mit jeder Trennung / Scheidung auch zurückhaltender, denn eine weitere Scheidung können sich viele gute Männer nicht leisten.
Wie sieht es eigentlich mit der Jugend aus? Läuft die auch in ihr beziehungstechnisches Verderben wie die vorherige Generation?
Hallo Christine, gab es von dir nicht mal einen Wikipedia- Eintrag ? Momentan ist nur noch der diffamierende Wikimannia – Eintrag aufzurufen…Ich find das nicht in Ordnung. Es sollte umgekehrt sein.
Nein den gab es noch nicht – nur die Wikimannia-Feministinnen-Ehrung. Dafür müsste jemand mit Schreibrechten dort einen anlegen, glaube ich?