Mir geht gerade ein bisschen die Hutschnur hoch. Ich lese auf twitter und in den sozialen Netzwerken, dass Männer, die im Haushalt helfen, weniger Lust auf Sex hätten und die Partnerinnen solcher moderner Männer unzufriedener seien mit ihrem Sexualleben – so kolportiert das zum Beispiel Focus Online. Gut, die Studie, auf die man sich bezieht, ist 20 Jahre alt und aus den U.S.A., aber was macht das schon? (Und wieso kommt diese Information gerade jetzt auf, wo halb Deutschland über Sexismus diskutiert?). Vor 20 Jahren, erinnern wir uns, wurde die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe nach langen Diskussionen endlich in die deutsche Gesetzgebung aufgenommen. Das ist eine lange Zeit, vor allem, wenn man Genderfragen behandelt.
Davon mal abgesehen halte ich die Schlüsse, die aus der Befragung von 7002 Teilnehmern gezogen werden, für hahnebüchen. Ich will das gerne sezieren:
Wie wäre es denn mit der Vorstellung, dass ein im Haushalt helfender moderner Mann, der seine Partnerin auf Augenhöhe wahrnimmt, diese eben nicht mehr vorrangig als Sexobjekt sieht? Ist das ein Verlust für die Menschheit? So ein echter Partner als Mann wird die Frau auch nicht drängen, emotional erpressen oder anbaggern und überreden, doch Sex mit ihm zu haben, obwohl sie eigentlich müde ist oder einfach keine Lust hat. Das ist doch wunderbar!
Ob ein fortschrittlicher Mann tatsächlich „weniger Lust“ auf Sex hat, wie der Focus in seiner Überschrift schreibt und auch etliche andere Medien wie Twitterer schlussfolgern, das wage ich zu bezweifeln. Vielleicht ist er einfach so nett und behilft sich gelegentlich selbst, ohne sich der Partnerin zur Triebabfuhr zu bedienen, um es mal hässlich zu sagen. Oder aber er hat tatsächlich eine veränderte Wahrnehmung der Frau, die er liebt, und begehrt sie weniger häufig körperlich, weil er sich seine Männlichkeit nicht ständig durch Orgasmen und Erektionen beweisen muss.
Das würde auch erklären, warum Frauen, die mit nicht im Haushalt helfenden Männern zusammen sind, scheinbar mit ihrem Sexualleben zufriedener sind (laut dieser veralteten Studie). Denn diese Frauen ziehen eventuell ihre Selbstbestätigung hauptsächlich über ihre Rolle als liebende Partnerin. Und je öfter der Mann sie begehrt, desto geliebter fühlen sie sich – das halte ich für durchaus möglich. Schön, wenn sich da zwei gefunden haben und auf diese Weise glücklich miteinander sind.
Aber daraus darf man doch nicht folgern, dass die Mithilfe im Haushalt den Mann zum trieblosen Schluffi macht. Also bitte.
Linktipp innerhalb des Blogs:
Twitter hashtag #aufschrei gegen Sexualisierte Gewalt und Erziehung
Ach wäre ich doch auch geistreich und könnte meine Gedanken sammeln und strukturiert und argumentativ (gibt es dieses Wort überhaupt) zu Papier beziehungsweise an den Bildschirm bringen. Aber ich verwirrt. Seit Tagen. Und deshalb nur ein paar Gedankenfetzen zu deinem Beitrag: Mir schwirrt seit Tagen der Ausspruch von Alice Schwarzer im Kopf herum: „… dass diese alte Kacke immer noch am dampfen ist“. Ist es nicht furchtbar schrecklich, dass wir Männern und teilweise! Frauen erklären müssen, was es mit dieser Sexismus-Debatte auf sich hat? Dass es nicht mehr Brüderle geht?! Das es um uns Frauen geht, die auf Augenhöhe behandelt… Weiterlesen »
Ich dachte doch, dass ich das auch schon anders gelesen habe. Z.B. hier http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/familie/studie-im-haushalt-helfende-maenner-haben-besseres-sexualleben-1514970.html
Hallo Katrin, sehr schön. Danke!
Hah! Genau das habe ich auch gedacht: Diese ach so aktuelle Studie gerade jetzt auszugraben…
LG Simone
Tze.
Vor ein paar Jahren gab es mal einen Themenabend auf arte. Und da kamen Wissenschaftler zu Wort, die das Gegenteil erzählten. Jeder dreht es doch so, wie es grade passt.
Da haben die ja echt janz tief jewühlt. *kopfschüttel*
Ich glaube das die Studie sogar stimmt, nur der Zusammenhang ist ganz anders.
Mit dem ehelichen sex läuft es nicht mehr so und die Frau schiebt immer öfter vor das sie durch Arbeit, Haushalt und Kinder ausgepowert ist und dadurch keine Lust mehr hat.
Die Folge ist ganz klar, die Männer möchten gerne wieder mehr Sex, also fangenn sie an so viel sie können im Haushalt zu helfen, aber mehr Sex gibt es trotzdem nicht.
Dann kommt so eine Umfrage und es kommt heraus das Männer die im Haushalt helfen weniger Sex haben.
Hallo Ralf,
es gibt aber auch entgegengesetzte Studien, die belegen, dass der Sex besser und häufiger ist, wenn die Männer mehr im Haushalt helfen. Und im Prinzip sollten Männer im Haushalt ja auch nicht „helfen“, sondern selbstverständlich mit anpacken, finde ich. Frauen haben in langjährigen Beziehungen meist weniger Lust auf den Mann als umgekehrt (zumindest auf dein eigenen, sagen Studien). Ich persönlich habe den Verdacht, dass das Ganze mit dem Haushalt wenig zu tun hat. Mehr mit der Zufriedenheit in der Beziehung.
Ich muss gestehen, dass du recht hast Ralf. Ich war zu Beginn auch mit dem Haushalt so gut wie alleine beschäftigt. Ich habe nur Teilzeit gearbeitet und hatte einen super kurzen Arbeitsweg. er war 50 Std die Woche aus dem Haus. Ich musste also mehr im Haushalt machen… mehr ist gut, 90% des Haushalts. Aber ich wollte, dass er auch was tut. Im Endeffekt auch als Eigennutz, weil ich es unfair fand, durch den Umstand meines schlechten Arbeitsverhältnisses alleine für den Haushalt verantwortlich zu sein. Will er nicht, solle er für seinen Teil im Haus doch ne Putze besorgen aber… Weiterlesen »
Hallo Bianca,
hmmm… wenn das so wäre, wie du im letzten Absatz vermutest, dann müssten ja alle Frauen, die schwanger werden oder wurden, besseren Sex haben mit ihrem Mann, weil die Vermehrung so gut klappt, und das Ganze völlig unabhängig vom Haushalt oder der sonstigen Lebenssituation?
Für mich klingt das, was du schreibst, so, als hättest du grossen Kummer damit, dass du nicht schwanger wurdest, auch wenn du das so nicht schreibst. Könnte das sein?
Viele Grüsse, Christine
Ich schreibe heute lieber anonym, weil mir das Thema zu privat ist, aber sagen will ich auch etwas dazu. Ich finde, dass man das alles nicht pauschalisieren kann. Mein Mann macht schon immer im Haushalt mit: er kocht, räumt die Küche auf (er ist amtierender Weltmeister im Spülmaschine-Einräumen!), macht die Wäsche, hängt sie auf oder ab (zusammenlegen tue meist ich sie), macht fast immer die Einkäufe (ich hasse Einkaufen), macht Gartenarbeit, früher hat er auch seine Hemden selbst gebügelt (und kann es besser als ich!), heute gibt er es in die Reinigung. Als wir frisch zusammen waren, hatten wir oft… Weiterlesen »
Ach was habt Ihr Freuen immer Probleme mit dem Thema „Sexobjekt“. Ich bin ein Mann und mir ist es völlig wurscht, hin und wieder mal als Sexobjekt behandelt zu werden. Liegt wahrscheinlich daran, dass Männer in Sachen Sexualität selbstbewusster sind. Aber das ist aus feministischer Sicht wahrscheinlich „sexistisch“. Ist mir aber auch egal.